Der deutsche Vizekanzler ist zum ersten Mal in China zu Besuch.
photovoltaik
Habeck am 6. März in Meseberg - AFP

Zum ersten Mal ist der deutsche Vizekanzler Robert Habeck in China. Er ist kaum ein paar Stunden da, schon spricht er Klartext – und zwar auch Richtung Berlin.

Robert Habeck startet seine erste China-Reise mit deutlichen Forderungen an den Gastgeber. Der Grünen-Politiker kritisierte am Freitag in Peking die guten Wirtschaftsbeziehungen Chinas mit Russland trotz westlicher Sanktionen. Auch das schwierige Thema Menschenrechte wolle er ansprechen.

Doch dabei blieb es nicht: Der deutschen Politik gab Habeck aus Fernost Hausaufgaben auf. Die im vergangenen Jahr nach langem Ringen von der Ampel-Koalition verabschiedete China-Strategie müsse überarbeitet werden, liess er wissen – wenn auch nicht sofort.

Auch das Konfliktthema Subventionen spricht der Bundeswirtschaftsminister wenige Stunden nach seiner Landung mit dem Regierungsflieger an. Durch diese Unterstützung des chinesischen Staates würden Güter unter Marktwert in Deutschland und Europa verkauft. Dort würden diese die Märkte «unterminieren oder gegebenenfalls kaputtmachen».

Vor kurzem hat die EU-Kommission hohe Strafzölle gegen chinesische Elektroautos angedroht. Die Brüsseler Behörde wirft der chinesischen Regierung unfaire Subventionen vor.

China revanchierte sich mit der Ankündigung einer Antidumping-Untersuchung gegen importierte Produkte aus der Europäischen Union, bei der es um Schweinefleisch und Nebenprodukte geht. Bis Anfang Juli versuchen beide Seiten, im Ringen um drohende Autozölle noch eine Lösung zu finden.

Auch Chinas Solidarität mit Russland kritisierte Habeck. «Mit Russland, da wachsen die Handelsbeziehungen, und die Chinesen kaufen die russischen Rohstoffe günstig ein», sagte Habeck. «Das ist ohne Frage so, und es ist aus meiner Sicht falsch und wird auch so angesprochen werden, so wie es alle europäischen und amerikanischen Minister und Aussenminister und Regierungschefs immer tun.»

China wisse, dass diese Haltung auch seiner Wirtschaft schade, sagte Habeck. «China verliert auch etwas, nämlich zunehmend den selbstverständlichen Zugang zum europäischen Markt.» Er denke, dass dies China klar sein werde. «Sonst werde ich das morgen noch einmal ansprechen.»

Der Vizekanzler will am Samstag in der chinesischen Hauptstadt Gespräche mit dem Vorsitzenden der Staatlichen Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC), Zheng Shanjie, und dem Handelsminister Wang Wentao sowie Industrieminister Jin Zhuanglong führen. Ein mögliches Treffen mit Ministerpräsident Li Qiang war geplatzt – warum, wisse er nicht, sagte Habeck.

Menschenrechte seien immer ein Thema und für Deutschland, Europa und ihn persönlich zentral, sagte Habeck. In der Volksrepublik werden immer wieder schwere Menschenrechtsverletzungen kritisiert, zuletzt vor allem in Xinjiang im äussersten Westen, wo laut Berichten Menschen der uigurischen Minderheit in Lagern untergebracht und zur Arbeit gezwungen wurden.

«Niemand in Europa, niemand in Deutschland will Produkte kaufen, die durch Zwangsarbeit produziert wurden, die unter Missachtung von Menschenrechten produziert wurden, wo Kinder elend arbeiten mussten, unter elenden Bedingungen arbeiten mussten, wo Landraub Grundlage ist von Produktion», sagte Habeck. Das europäische Lieferkettengesetz werde künftig dafür sorgen, dass Unternehmen entsprechende Sorgfaltspflichten einhalten müssten.

Die erst im letzten Jahr verabschiedete China-Strategie der deutschen Bundesregierung sollte nach Habecks Ansicht überarbeitet werden. «Früher oder später braucht die China-Strategie ein Update», sagte der Grünen-Politiker.

Zwei Dinge fehlten. Die derzeitige Strategie beginne «beim Status quo, aber nicht beim Horizont». Es gehe um die Frage, wie die Beziehung zu China in dreissig Jahren aussehen werde. «Ich sage das, weil ich sicher bin, dass China eine Strategie hat, wohin sie wollen, und ich glaube auch die USA.» Ausserdem handle es sich um eine Strategie allein der Bundesregierung, es brauche aber einen europäischen Ansatz.

Die Bundesregierung hatte im vergangenen Sommer erstmals eine umfassende China-Strategie beschlossen. Darin wird das von der kommunistischen Führung mit harter Hand regierte Land als Partner, Wettbewerber und systemischer Rivale definiert. Kern der Strategie ist es, die wirtschaftliche Abhängigkeit von China zu verringern, um ein böses Erwachen wie nach dem russischen Angriff auf die Ukraine bei der Kappung der Gaslieferungen zu vermeiden.

Bei einer Nachfrage bezog sich Habeck vor Journalisten später nur auf den zweiten Teil seiner Äusserungen. «Es ist eine deutsche China Strategie und die Ansätze in Europa sind durchaus unterschiedlich.» Bei einem Treffen mit den Botschaftern der EU-Staaten in Peking habe er gesagt, diese Ansätze müssten in einer veränderten Welt zusammengefasst werden, sagte Habeck. «Das ist jetzt nicht kurzfristig zu machen, sondern eher eine langfristige Aufgabe für Europa.»

Die deutsche Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP hatte lange – und sehr kontrovers – um die Strategie gerungen. Die Grünen um Aussenministerin Annalena Baerbock und Habeck treten für einen deutlich härteren Kurs ein als Kanzler Olaf Scholz (SPD).

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

MenschenrechteSubventionenOlaf ScholzRegierungPartnerGrüneSPDFDPEU