Tinder: Kritik fürs 420-Franken-Abo – Belästigungs-Gefahr
Tinder verlangt 420 Franken im Monat für das neue Abo «Tinder Select». Ein Service für die Elite – oder einfach nur Geldverschwendung? Eine Expertin klärt auf.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Tinder-Abo lockt mit einer Vielzahl an Features – für 420 Franken im Monat.
- Die Reaktionen im Netz zeigen, dass das Modell viele abschreckt.
- Eine Expertin erklärt, für wen sich das Abonnement dennoch lohnt.
Tinder dreht an der Preisschraube: Für satte 420 Franken im Monat bietet die Dating-App das exklusive Abo «Tinder Select» an – allerdings nur für ein Prozent der Nutzer.
Was man dafür bekommt? Die Möglichkeit, jemandem jederzeit Nachrichten zu schicken. Auch ohne Match (wenn beide Nutzer nach rechts wischen). Ausserdem werden eigene Likes ganz oben im Profil der anderen Person angezeigt.
Ein Traum für Menschen, die nichts dem Zufall überlassen wollen – oder etwa doch ein Albtraum?
Die Reaktionen auf das Mega-Abo sind im Netz gespalten. «So ein Typ wirkte eigentlich ganz nett», schreibt eine Userin auf Reddit. «Aber dann sah ich das Tinder-Select-Abzeichen. Wer zahlt schon so viel im Monat?»
Für sie ist das Abzeichen ein No-Go: «Das zeigt doch nur, dass man nicht mit Geld umgehen kann.» Andere gehen sogar noch härter ins Gericht.
Eine häufige Vermutung: «Ich glaube, das Abo zielt auf alte reiche Männer ab, die junge Frauen ködern wollen», so ein weiterer Reddit-Nutzer.
Ein User, der sich das Abo leistete, widerspricht: «Ja, ich habe mehr Matches bekommen. Und ich bin definitiv eine 4 von 10.»
Auf sogenannte «Gold Diggers» – Menschen, die nur aufs Geld aus sind – sei er dabei nicht gestossen.
Expertin zum Sugar-Daddy-Vorwurf
Ist am Vorwurf, Tinder Select sei ein Abo für Sugar Daddies, etwas dran?
«Das ist eine Hypothese», erklärt die Sexologin Sybille Stahlberg. Klar sei: Menschen, die sich das teure Abo leisten, hätten auf jeden Fall das nötige Kleingeld.
«Und sie haben sicher die Hoffnung, dass sich der hohe Preis für sie auszahlt. Ohne diese Erwartung würde niemand so viel Geld in die Hand nehmen.»
Belästigung auf Tinder: Öffnet das neue Abo Tür und Tor?
Doch Stahlberg sieht auch die Schattenseiten des neuen Features: Nachrichten ohne Match zu senden, könnte problematisch werden.
«Es ist fragwürdig, wenn dadurch Belästigungen oder Grenzüberschreitungen ermöglicht werden», warnt sie. Zwar kann der Empfänger diese Funktion deaktivieren, aber: Die Verantwortung liegt beim Nutzer, das aktiv zu tun.
Darum schreckt das Mega-Abo ab
Dass die Menschen auf Reddit skeptisch sind, dürfte aber auch andere Gründe haben: «Geld ist ein Tabuthema», erklärt Stahlberg. «Finanzielle Statements gelten als Statussymbol, gleichzeitig gibt es Glaubenssätze wie: ‹Über Geld spricht man nicht.›»
Dass diejenigen, die das Abo abschliessen, verzweifelt sind, glaubt sie jedoch nicht. Im Gegenteil: «Diese Menschen gehen proaktiv auf die Suche nach Nähe und sind bereit, dafür Ressourcen einzusetzen.»
Stahlberg selbst sieht jedoch eine bessere Möglichkeit, die 420 Franken zu nutzen: «Wenn ich die Wahl hätte zwischen dem Tinder-Abo und zwei Therapie-Sitzungen im Monat, würde ich mich für die Therapie entscheiden.» Dort könne man das Bedürfnis nach Nähe und Kontakt langfristig und nachhaltiger angehen. «Solange man hier als Ziel setzt, zu lernen, mit Menschen in Verbindung zu treten, Beziehungen so zu leben, wie man sich dies wünscht, dist dies aus meiner Sicht nachhaltiger.»
Tinder – ein Glücksspiel für die Liebe?
Das Abo vergleicht die Expertin mit einem Glücksspiel. «Es hat etwas von Gamblen: hoher Einsatz und vielleicht gibts den Jackpot.»
Tinder wisse genau, dass es mit der Bedürftigkeit der Menschen ein lukratives Geschäft macht. Doch ob sich der hohe Preis für alle auszahlt, bleibt fraglich.
Dass viele Menschen nach Nähe suchen, zeigen auch die Erlebnisse eines Schweizer Barkeepers. Hier verrät er, was dein Tinder-Date tut, wenn es auf dich wartet.