100 Tage Proteste in Belarus: Menschen trotzen massiver Gewalt
Seit hundert Tagen protestieren die Menschen in Belarus gegen den Präsidenten Lukaschenko. Am Wochenende waren die Sicherheitskräfte besonders brutal.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Menschen in Belarus protestieren nun seit hundert Tagen gegen Lukaschenko.
- Am Wochenende fielen die Sicherheitskräfte durch besonders brutales Verhalten auf.
- Auch Kirchenvertreter kritisieren das Vorgehen des Staates.
In Belarus haben sich auch am Montag wieder zahlreiche Menschen auf die Strassen getraut. Am Wochenemde fielen die Sicherheitskräfte wegen besonders brutalem Vorgehen auf.
Hundert Tage nachdem die Proteste gegen Machthaber Alexander Lukaschenko begannen, zeigte das unabhängige Nachrichtenportal tut.by unter anderem Aufnahmen von Rentnern bei ihren traditionellen Montagsprotesten in der Hauptstadt Minsk.
Bei den grossen Protesten am Sonntag waren Uniformierte teilweise mit massiver Gewalt gegen friedliche Demonstranten vorgegangen. Nach Angaben der Menschenrechtsgruppe Wesna wurden mehr als 1200 Demonstranten festgenommen. Das belarussische Innenministerium sprach dagegen von mehr als 700 Festnahmen.
Erneut zahlreiche Journalisten verhaftet
Die Organisation Reporter ohne Grenzen kritisierte, dass unter den Festgenommenen auch mehrere Journalisten waren. «Schon wieder ein trauriger Rekord: Gestern wurden bei Demonstrationen in Belarus so viele Journalistinnen und Journalisten festgenommen wie an kaum einem anderen Wochenende zuvor.» So sagte Geschäftsführer Christian Mihr laut Mitteilung.
Die Demonstranten hatten bei ihrem Marsch am Sonntag auch an den Tod eines 31-Jährigen vor wenigen Tagen in Minsk erinnert. Der Mann, den die Demokratiebewegung als Helden verehrt, soll überfallen worden sein. Einen Tag später starb er an seinen Verletzungen.
Kirchenvertreter kritisieren staatliches Vorgehen
In ungewöhnlich scharfen Worten kritisierten hochrangige Kirchenvertreter die Zerstörung eines Denkmals für den 31-Jährigen durch Sicherheitskräfte. «Warum diese satanische Missachtung von Altarlämpchen und Ikonen», fragte der Sprecher der belarussischen orthodoxen Kirche, Sergej Lepin, auf Facebook.
Der katholische Bischof Juri Kasabuzki prangerte «Gewalt, Folter, die Demütigung der Menschenwürde und Aggression» an. Diese komme von staatlicher Seite gegen friedliche Demonstranten.
EU erkennt Lukaschenko nicht an
Seit der Präsidentenwahl am 9. August steckt Belarus in einer schweren innenpolitischen Krise. Täglich gibt es Proteste. Alexander Lukaschenko hatte sich mit 80,1 Prozent der Stimmen zum Sieger erklären lassen.
Die EU erkennt den 66-jährigen nicht mehr als Präsidenten an. Die Opposition sieht die Bürgerrechtlerin Swetlana Tichanowskaja als wahre Gewinnerin. Die 38-Jährige floh aus Angst um ihre Sicherheit ins EU-Land Litauen.