Der Höhenflug der Spitzengastronomie in Deutschland setzt sich fort. Der Guide Michelin zeichnet 2019 so viele Restaurants aus wie nie zuvor. Dabei geht es in vielen Häusern legerer, regionaler und saisonaler zu als früher.
Der Drei-Sterne-Koch Joachim Wissler in seinem Restaurant «Vendome» in Bergisch Gladbach. Foto: Henning Kaiser
Der Drei-Sterne-Koch Joachim Wissler in seinem Restaurant «Vendome» in Bergisch Gladbach. Foto: Henning Kaiser - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Immer mehr Restaurants in Deutschland können sich mit Sternen des Guide Michelin schmücken.
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In der am Dienstag in Berlin vorgestellten Ausgabe des Hotel- und Restaurantführers werden 309 Gourmet-Restaurants aufgeführt, 9 mehr als im Vorjahr.

Dabei boomen die Häuser mit einem Stern. Bei den beiden noch höheren Kategorien gibt es je ein Restaurant weniger. «Von den 309 Sterne-Restaurants sind 42 neue», sagte Pascal Couasnon, Geschäftsführer für den Bereich Food and Travel bei Michelin. «Viel Köche züchten ihr Gemüse selbst. Ausserdem spielen lokale Produkte eine grosse Rolle.»

Zehn Häuser erhalten drei Sterne, eins weniger als 2018, weil das «La Vie» in Osnabrück aufgegeben hat. Fünf Restaurants werden neu mit zwei Sternen ausgezeichnet, sechs verlieren einen oder beide Sterne. Von den 261 Restaurants mit einem Stern sind 37 neu in der Liste.

Den Aufschwung erklärt der Direktor des Guide Michelin für Deutschland und die Schweiz, Ralf Flinkenflügel, mit immer besserer Qualität in der Küche. «Wir haben unsere Kriterien nicht verändert. Es liegt einfach daran, dass besser gekocht wird.» Je mehr gute Restaurants es gebe, desto mehr würden junge Leute ausgebildet, die eigene Restaurants eröffnen. «Es gibt immer mehr junge Köche, die frische Ideen haben und neuen Schwung in die deutsche Spitzengastronomie bringen.»

Hochburgen für Gourmets sind Millionenstädte wie Berlin, Hamburg und München. Aber auch kleine Orte wie Baiersbronn im Schwarzwald mit zwei Drei-Sterne-Restaurants und zwei Häusern mit einem Stern oder Andernach in Rheinland-Pfalz mit zwei Mal einem und einmal zwei Sternen sind Anziehungspunkte für Feinschmecker.

Die Trends der vergangenen Jahre setzen sich nach Flinkenflügels Angaben fort. In Berlin etwa findet sich neu mit einem Stern das «CODA Dessert Dining», in dem es eine Küche auf Basis der Patisserie gibt. Dort sitze man an der Theke oder an Holztischen. «Das ist völlig entspannt.» Im «Ernst» - ebenfalls neu mit einem Stern in Berlin ausgezeichnet - umrahmt die Theke den Kochbereich des kleinen Restaurants. «Die Gastronomen haben erkannt, was die Gäste möchten, sie möchten gut essen in einem lockeren Ambiente», sagte Flinkenflügel. «Dieses Elitäre war gestern.»

Gleich drei von fünf neuen Restaurants mit zwei Sternen liegen in Bayern, «Sosein» im mittelfränkischen Heroldsberg, Luce d'Oro» im oberbayerischen Krün und «Alexander Herrmann by Tobias Bätz» im oberfränkischen Wirsberg. Ausserdem zieren zwei Sterne jetzt das «Ox & Klee» in Köln. Das «Purs» in Andernach mit Koch Christian Eckhardt ist von null auf zwei Sterne gestiegen, was nach Flinkenflügels Angaben ungewöhnlich ist. Zuvor hatte der gebürtige Freiburger bereits zwei Sterne im Restaurant «Villa Rothschild» in Königstein (Hessen) erkocht.

Obwohl zur Feier der neuen Michelin-Ausgabe zahlreiche Köche nach Berlin gekommen waren, stand am Nachmittag im Motorwerk nur eine Frau in der Gruppe vor der Presse: Dalad Kambhu aus dem «Kin Dee» in Berlin. Die 32-Jährige, die thailändisch kocht, kommentierte den Männerüberschuss mit der Aussage: «Wir haben da ein Problem. Das müssen wir ändern.» Sie selbst fördere gezielt Frauen bei sich im Restaurant, das erstmals einen Stern erhielt.

Die Michelin-Macher listeten bei der Präsentation der 309 Sterneköche 10 Frauen auf - keine davon in der höchsten Klasse mit drei Auszeichnungen. Ganz oben unter den Frauen steht weiter Douce Steiner aus dem «Hirschen» in Sulzburg in Baden-Württemberg. Insgesamt sind Frauen im Gourmetbereich stark unterrepräsentiert. Harte Arbeitsbedingungen, der raue Ton in den Küchen und teils auch Vorbehalte der männlichen Starköche gelten als einige der Gründe.

Die mit Abstand meisten Sterne-Restaurants gibt es in Baden-Württemberg (77), gefolgt von Bayern (52), Nordrhein-Westfalen (47) und Rheinland-Pfalz (27). Bei den Häusern mit drei Sternen liegen Baden-Württemberg, Bayern und das Saarland mit je zwei vorne. Keine Auswahl haben Feinschmecker in Thüringen und Sachsen-Anhalt, dort findet sich jeweils ein einzelnes Restaurant mit einem Stern. Ganz leer geht das kleinste Bundesland Bremen aus.

Wer ein besonders gutes Preis-Leistung-Verhältnis sucht, wird im ebenfalls neuen Restaurantführer «Bib Gourmand Deutschland» fündig. Dort sind 424 Häuser aufgelistet, 36 weniger als 2018.

Der Guide Michelin kommt am 4. März in den Handel. Die ersten Michelin-Sterne in Deutschland wurden 1966 verliehen.

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