EU-Minister warnen USA vor Krieg mit dem Iran
Der Streit um das iranische Atomabkommen schwelt seit Monaten. Während Aussenminister in Brüssel über dessen Schicksal verhandeln, mehren sich mysteriöse Berichte über Sabotageakte am Golf von Oman - und damit Ängste, dass die Lage sich weiter zuspitzen könnte.
Das Wichtigste in Kürze
- Angesichts neuer Spannungen in der Golfregion haben Deutschland und Grossbritannien die USA vor einem Krieg mit dem Iran gewarnt.
Die Bundesregierung sei sehr besorgt und wolle nicht, dass es zu einer militärischen Eskalation komme, sagte Aussenminister Heiko Maas (SPD) am Montag nach einem Treffen mit seinem US-Kollegen Mike Pompeo in Brüssel. Unterdessen nährten Berichte über angebliche Sabotageakte gegen Handelsschiffe im Golf von Oman Befürchtungen, dass sich die Lage weiter verschärfen könnte.
Der britische Aussenamtschef Jeremy Hunt mahnte, es dürfe nicht versehentlich zu einem Konflikt kommen - «mit einer Eskalation, die von keiner Seite gewollt ist». Mit Blick auf den seit Monaten ungelösten Streit über das Atomabkommen mit dem Iran machte Maas deutlich, dass sich die EU dem Druck der USA nicht beugen wolle. «Wir sind uns in Europa einig, dass dieses Abkommen für unsere Sicherheit notwendig ist.»
US-Präsident Donald Trump schlug im Weissen Haus drohende Töne an. An die Adresse des Führung in Teheran sagte er: «Es wird ein grosses Problem sein, wenn etwas passiert. Sie werden keine glücklichen Menschen sein.» Trump fügte hinzu: «Wenn sie etwas tun, werden sie sehr leiden.» Worauf er sich konkret bezog, sagte er nicht.
Die USA hatten den Druck auf die iranische Führung zuletzt massiv erhöht, unter anderem mit Sanktionen und militärischen Drohungen. Schon vor einem Jahr war Trump einseitig aus dem Atomabkommen ausgestiegen. Er hatte dem Iran vorgeworfen, Unruhe in der Region zu schüren und Terrorismus zu unterstützen. Die Europäer sehen die Rolle des Irans in der Region ebenfalls kritisch. Sie wollen das Atomabkommen aber erhalten und verweisen darauf, dass der Iran bisher alle darin eingegangenen Verpflichtungen einhält.
Pompeo hielt nach Angaben vom Diplomaten am Montag an der Forderung fest, die harte Linie Washingtons zu unterstützen. Die USA hatten zuletzt unter anderem einen Flugzeugträger und eine Bomberstaffel Richtung Iran verlegt. Zu Begründung hiess es, dass der Iran US-Truppen angreifen könnte.
Pompeo hatte am Montag auf dem Weg nach Russland überraschend einen Zwischenstopp in Brüssel eingelegt und vertrauliche Gespräche mit EU-Chefdiplomatin Federica Mogherini sowie Bundesaussenminister Heiko Maas und dessen Kollegen aus Frankreich und Grossbritannien geführt. Mogherini wollte sich danach nicht zu möglichen Motiven für den Besuch äussern. Sie verneinte nur, dass Pompeo die Europäer um Vermittlung im Konflikt mit dem Iran gebeten habe.
Für weitere Spannungen sorgten Berichte über angebliche Sabotageakte gegen Handelsschiffe im Golf von Oman. Dort gab es nahe des Emirats Fudschaira nach Angaben der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) «staatsfeindliche Operationen» gegen vier Schiffe aus verschiedenen Ländern. Der VAE-Staatsminister für Auswärtiges, Anwar Gargasch, teilte mit, die Angriffe würden untersucht.
Die genauen Umstände blieben mysteriös und die Berichte vage. Es gab am Montag zunächst weder Details noch eine unabhängige Bestätigung der angeblichen Zwischenfälle. Die US-Schifffahrtsbehörde sprach von einem «nicht bestätigten Zwischenfall auf See» und riet dazu, die Gegend nur vorsichtig zu befahren.
Mogherini äusserte sich nicht zu möglichen Erkenntnissen der Amerikaner zu den mysteriösen Schäden an den Handelsschiffen. Sie sagte lediglich, die EU sammele weiter Informationen zu den Vorfällen und sie sei besorgt über das Risiko einer Eskalation in der Region.
Das US-Aussenministerium hatte vor den Gesprächen Pompeos in Brüssel mitgeteilt, dieser werde sich mit europäischen Alliierten treffen, um die «jüngsten bedrohlichen Handlungen und Äusserungen» des Irans zu diskutieren. Die angeblichen Sabotageangriffe auf die Schiffe wurden nicht explizit erwähnt.
Saudi-Arabiens Energieminister Chalid al-Falih sagte, zwei saudische Öltanker seien bei einem «Sabotageangriff» schwer beschädigt worden. Diese «Attacke» habe die weltweite Ölversorgung treffen sollen. Ein Sprecher des Schiffsmanagers Thome Ship Management sagte zudem, der unter norwegischer Flagge fahrende Öltanker «Andrea Victory» sei «von einem unbekannten Objekt» auf Höhe der Wasserlinie getroffen worden. Es gebe einen Schaden, das Schiff sei aber stabil.
Das kleine Emirat Fudschaira liegt nur etwa 100 Kilometer von der iranischen Küste entfernt. Der Iran auf der einen und Saudi-Arabien und die VAE auf der anderen Seite sind Erzfeinde. Durch den Golf von Oman führt eine der wichtigsten Wasserstrassen der Welt für Ölexporte. Der Hafen von Fudschaira ist ein wichtiger Lager- und Umschlagort vor allem für Öl.
Die Arabische Liga und der von Saudi-Arabien beherrschte Golf-Kooperationsrat warnten vor einer Verschärfung der Lage. «Bedrohungen an Land oder Seegrenzen sowie auf Transport- und Handelsrouten gegen ein jegliches Mitglied der Arabischen Liga sind eine nicht hinnehmbare Verletzung der arabischen nationalen Sicherheit», teilte die Arabische Liga mit. Der Iran forderte eine Untersuchung der angeblichen Sabotageversuche.
Mit der Atomvereinbarung verbinden Deutschland, Frankreich und Grossbritannien die Hoffnung, die Handelsbeziehungen mit dem Iran trotz neuer Sanktionsdrohungen durch die USA aufrechtzuerhalten. Ohne das Abkommen könnte der Iran sein Programm zum Bau einer Atombombe wieder aufnehmen, das das Land im Zuge der Vereinbarung von 2015 eingestellt hatte. Als Gegenleistung hatten die Vertragsstaaten ein Ende der wirtschaftlichen Isolierung versprochen.
Ob es noch Chancen auf eine friedliche Lösung des Konflikts gibt, war zuletzt aber unklar. Der iranische Präsident Hassan Ruhani knüpfte ein mögliches Gespräch mit US-Präsident Donald Trump am Wochenende an ein Einlenken der USA an Bedingungen. Trump müsse zunächst den Ausstieg aus dem Atomabkommen zurücknehmen und die Sanktionen gegen Teheran aufheben. Trump hatte der iranischen Führung zuvor vorgeschlagen, ihn anzurufen, um den Konflikt direkt zu besprechen.