Bericht: Traktat von Hamburger Amoktäter spielte bei Überprüfung keine Rolle
Bei einer waffenrechtlichen Zuverlässigkeitsprüfung des späteren Amoktäters Philipp F., der am Donnerstag sieben Menschen und sich selbst in einer Hamburger Kirche der Zeugen Jehovas erschoss, hat ein von diesem kürzlich veröffentlichtes quasi-religiöses Traktat einem Medienbericht zufolge keine Rolle gespielt.
Das Wichtigste in Kürze
- Philipp F. veröffentlichte Buch mit eigenen quasi-religiösen Thesen.
Die «Zeit» berichtete am Dienstag unter Berufung auf eigene Informationen, die Polizei habe sich zu diesem Zeitpunkt nicht mit dem im Selbstverlag auf einer Internetverkaufsplattform vertriebenen Buch namens «Die Wahrheit über Gott, Jesus Christus und Satan» befasst.
Laut Medienberichten breitete F. in dem auf Englisch verfassten und rund 300-seitigen Buch eigene quasi-religiöse Thesen aus. Eine zentrale Rolle spielt demnach der Glaube an eine Wiederkehr von Jesus Christus und ein «tausendjähriges Reich». Der «Zeit» zufolge soll das inzwischen nicht mehr zugängliche Traktat neben zahlreichen antisemitischen Passagen auch die Aussage enthalten, Adolf Hitler sei ein Werkzeug Jesu Christi gewesen.
F. hatte am Donnerstag bei einem Amoklauf in seiner früheren Gemeinde der Zeugen Jehovas in Hamburg mit einer Pistole sieben Menschen erschossen und acht weitere Menschen teilweise lebensgefährlich verletzt, bevor er sich selbst erschoss. Einsatzkräfte der Polizei waren binnen Minuten vor Ort und stürmten während der Tat das Gebäude, was mutmasslich weitere Opfer verhinderte. Das Verbrechen löste im In- und Ausland Entsetzen aus.
Nach Ermittlerangaben war F. bis vor eineinhalb Jahren selbst Mitglied der Kirchengemeinde im Hamburger Stadtteil Gross Borstel, verliess diese dann allerdings unter bislang nicht abschliessend geklärten Umständen. Er war zudem Sportschütze und als solcher legal im Besitz der späteren Tatwaffe.
Im Januar hatte die Polizei nach eigenen Angaben ausserdem einen anonymen Hinweis erhalten, wonach F. an einer womöglich bislang nicht behandelten psychischen Erkrankung leide sowie Wut auf religiöse Gruppen und einen früheren Arbeitgeber hege. Demnach reichten die Hinweise für einen Entzug der Erlaubnis zum Waffenbesitz allerdings nicht aus. Eine Kontrolle zur Einhaltung waffenrechtlicher Vorschriften in F.s Hamburger Wohnung ergab darüber hinaus keine nennenswerten Beanstandungen.
Dem «Zeit»-Bericht vom Dienstag zufolge vertritt die Polizei mit Blick auf dessen Buch nach einer ersten Aufarbeitung die Auffassung, dass auch eine Einbeziehung von dessen Inhalt in die waffenrechtliche Überprüfung keine Handhabe gegen F. geliefert hätte. Das deutsche Waffengesetz erfordere in seiner aktuellen Fassung «Tatsachen», die eindeutig auf eine nicht mehr gegebene charakterliche oder gesundheitliche Eignung zum Waffenbesitz hinwiesen. Weder das Buch noch der anonyme Hinweis hätten ausgereicht.