Sieben Jahre nach dem Brand in einem Londoner Wohnturm mit 72 Toten kritisiert ein Untersuchungsbericht Behörden und Firmen scharf, Konsequenzen bleiben aus.
Brand
Der im vierten Stockwerk ausgebrochene Brand hatte sich rasend schnell über die Fassade des 24-stöckigen Sozialbaus ausgebreitet. - Victoria Jones/PA Wire/dpa

Inkompetenz und Profitgier: Mehr als sieben Jahre nach dem verheerenden Brand in dem Londoner Hochhaus Grenfell Tower hat ein Untersuchungsbericht Behörden und Unternehmen ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt.

Bei dem Feuer im Stadtteil North Kensington im Juni 2017 starben 72 Menschen. Der im vierten Stockwerk ausgebrochene Brand hatte sich rasend schnell über die Fassade des 24-stöckigen Sozialbaus ausgebreitet. Dabei hatte vor allem die Fassadenverkleidung eine fatale Rolle gespielt, wie sich bei der seit Jahren laufenden Untersuchung herausstellte.

Schier endlose Kette von Fehlverhalten und Versagen

Die Fassade war erst kurz vor dem Unglück mit einer Isolierung und Verkleidung versehen worden, um den bereits 1974 fertig gestellten Wohnturm ansehnlicher und energetisch effizienter zu machen. Doch die Fassadenteile aus Aluminium mit Kunststoffkern waren völlig ungeeignet und wirkten wie Brandbeschleuniger.

Dass sie dennoch installiert wurden, lag an einer schier endlosen Kette von Fehlverhalten und Versagen bei Behörden und Unternehmen, wie aus dem aktuellen Bericht hervorgeht. So wurden Brandschutzbestimmungen lax ausgelegt, Testergebnisse manipuliert oder falsch dargestellt und Warnungen in den Wind geschlagen.

«Die simple Wahrheit ist, dass die Todesfälle allesamt vermeidbar waren», sagte der Vorsitzende der Untersuchung, Martin Moore-Bick. Die Katastrophe sei «das Ergebnis jahrzehntelangen Versagens» der Zentralregierung und anderer verantwortlicher Stellen hinsichtlich der Verwendung brennbaren Materials an den Aussenmauern von Hochhäusern. Ursache sei in erster Linie Inkompetenz gewesen, in manchen Fällen aber auch Profitgier.

Für viele wurden ihre Wohnungen zur Todesfalle

Auch der Feuerwehr wurden schwere Fehler angelastet. So hatte sie den Menschen viel zu lange dazu geraten, in dem brennenden Gebäude zu bleiben und auf Hilfe zu warten. Dabei zeichnete sich schnell ab, dass die Flammen rasch den ganzen Tower erfassen werden. Für viele wurden ihre Wohnungen zur Todesfalle.

Viele Überlebende und Hinterbliebene fordern seit langem Konsequenzen. Doch strafrechtliche Folgen hat die Untersuchung nicht. Ob und wann es zu Anklagen kommen wird, ist ungewiss.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

FeuerwehrFeuer