«Bleiben oder fliehen?» - Moskauer in Sorge

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Russland,

Als der Sturm auf Moskau drohte, waren Moskauer in Sorge, fragte sich, ob sie fliehen sollten. Vor allem Junge waren aufgwühlt.

Absperrgitter vor dem Roten Platz, dahinter stehen Polizeibeamte.
Absperrgitter vor dem Roten Platz, dahinter stehen Polizeibeamte. - Hannah Wagner/dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Moskau war am Samstag wegen des Aufstand der Wagner-Söldner in Alarm-Modus.
  • Die Panzer waren zwar verschwunden, doch es patrouillierten mehr bewaffnete Soldaten.
  • Einige Moskauer fragten sich, ob sie fliehen oder bleiben sollten.

Auf den ersten Blick wirkt das Moskauer Stadtzentrum am Samstag beinahe unwirklich normal. Während der aufständische Söldnerchef Jewgeni Prigoschin mit dem Vormarsch auf die russische Hauptstadt droht, flanieren die Menschen dort mit Kaffee in der Hand und Hund an der Leine durch den Alexandergarten, direkt an der Kremlmauer.

Die Sonne scheint, die Luft ist ein wenig schwül und aus den Lautsprechern eines nahe gelegenen Einkaufszentrums dudelt Volksmusik. Zu diesem Zeitpunkt haben Prigoschins Kämpfer bereits die Hälfte des Wegs vom südlichen Rostow am Don aus zurückgelegt – diese Millionenstadt hatten sie am Morgen besetzt.

Moskau
Autos stauen sich auf einer Autobahn in der Region Moskau. - keystone

Offiziell aber ist Moskau im Notfall-Modus – auch, nachdem Prigoschin am Abend überraschend das Ende seines Vormarsches erklärte. Der Anti-Terror-Notstand, den die Behörden für die Metropole mit ihren mehr als 13 Millionen Einwohnern sowie für das Umland ausgerufen haben, gilt zunächst weiter. Staatliche Einrichtungen stehen unter besonderem Schutz. An einem Abschnitt des Moskauer Autobahnrings ist ein Kontrollpunkt eingerichtet worden – ein Video zeigt Soldaten, einen Schützenpanzer und Sandsäcke.

Veränderungen wahrnehmbar, wenn man genauer hinschaut

Und auch in Kreml-Nähe sind durchaus Veränderungen wahrnehmbar, wenn man nur etwas genauer hinschaut. Zwar ist von den Panzern, die hier noch in der Nacht zuvor durch die Strassen rollten, nichts mehr zu sehen. Doch vor der Staatsduma patrouillieren mehr schwer bewaffnete und vermummte Soldaten als sonst. Überall stehen Absperrgitter bereit.

Und nicht zuletzt: Der Rote Platz ist kurzfristig für Besucher gesperrt worden. «Jetzt sind wir extra hergekommen», seufzt eine Frau, die mit einer Touristengruppe vor dem verschlossenen Eingang zu dem weltberühmten Platz steht, auf dem sich unter anderem die Basilius-Kathedrale und das Lenin-Mausoleum befinden.

Moskau
Am frühen Samstagmorgen waren in Moskau Panzer zu sehen. - keystone

Auch ein Ehepaar, das mit dem kleinen Sohn gekommen ist, ist enttäuscht. Sie kommen aus Rostow, erzählt der Mann – ausgerechnet der Stadt, in der Prigoschins Männer ihren Aufstand begonnen haben und aus der zahlreiche Menschen in den Stunden danach fliehen wollten. Seine kleine Familie sei gerade noch rechtzeitig am Freitag in den Urlaub aufgebrochen, sagt der Mann und lacht kurz: «Was für ein Glück.»

Ob er Angst habe vor der Rückkehr in einigen Wochen? Nicht besonders, antwortet er. «Bis dahin ist hoffentlich alles wieder ruhiger.»

So optimistisch sind hier allerdings nicht alle. An einem Eisstand direkt neben der Polizeiabsperrung tuscheln drei Verkäuferinnen in dunkelroten Kitteln aufgeregt miteinander, einmal ist «Schoigu» zu hören – der Nachname des russischen Verteidigungsministers Sergej Schoigu, der von Prigoschin zu einer Art Erzfeind erklärt wurde.

Wortkarg und misstrauisch

Als sich Kundschaft nähert, verstummen die Frauen sofort. Auf die Frage, wie sie die Lage bewerten, antworten sie nur wortkarg und mit misstrauischem Blick. «Es ist schrecklich», sagt eine. Sie wisse nicht, was sie glauben solle, schliesslich lese man ja so vieles in den sozialen Netzwerken.

Und in der Tat: Die Lage ist in vieler Hinsicht extrem unübersichtlich. Während sie das Rückgeld für eine kleine Flasche gekühltes Wasser heraussucht, fügt die Verkäuferin hinzu: «Ich weiss nicht, was zu tun ist: bleiben oder fliehen?»

Prigoschin
Jewgeni Prigoschin liess sich auf eine offene Konfrontation mit Wladimir Putin ein. - keystone

Besonders junge Moskauer, die kritische und ausländische Medien konsumieren, sind aufgewühlt am Wochenende, an dem ein Sturm auf Moskau drohte. «Ich habe Angst, dass der Krieg letztendlich bis zu uns kommt», schreibt eine 26-Jährige in einem privaten Chat mit Blick auf den Angriffskrieg, den Russland bereits seit 16 Monaten gegen die Ukraine führt.

Sorge vor offiziellem Kriegszustand in Russland

Eine andere junge Frau erklärt, sie fürchte, dass nun möglicherweise auch in Russland offiziell der Kriegszustand verhängt werden könnte. Sie unterstütze weder die Wagner-Kämpfer noch die reguläre russische Armee, doch im Falle eines Bürgerkriegs hoffe sie klar auf eine Niederlage von Kremlchef Wladimir Putin, fügt sie hinzu.

Ein 21 Jahre alter Student wiederum schreibt: «Manch einer spricht von einem beginnenden Bürgerkrieg in Russland. Ich denke aber, dass der wirkliche Bürgerkrieg nicht auf den Strassen stattfindet, sondern in den Köpfen der Menschen. Entweder verzichten wir bewusst darauf, ein Imperium zu sein – oder nicht. Und wenn nicht, dann wird uns auch ein militärischer Umsturz nicht helfen.»

Montag bleibt auch nach Eskalation arbeitsfrei

Als der Sturm auf Moskau noch eine Möglichkeit war, wurde der Montag vorsorglich zu einem arbeitsfreien Tag erklärt. Auch nach der Deeskalation bleibt dies so: Eine Sprecherin von Bürgermeister Sergej Sobjanin bestätigte in der Nacht zum Sonntag auf Anfrage der Agentur Ria-Nowosti, dass die von ihm getroffene Entscheidung weiterhin Bestand habe.

Kommentare

User #5656 (nicht angemeldet)

Cool, Montag keine Arbeit. Könnte auch bei uns sein...

chan lee 55

die übung ist vorbei alle westlichen hofften vergeben,sondersendungen zu hauf für gar nichts,und elend sky sollte nach belarus sehen,dort stehen dicke bomben rum

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