BMW präsentiert Elektro-Vorzeigemodell iX
Bei den elektrischen SUV-Autos in der Oberklasse geben heute Tesla und Audi den Ton an. Mit dem iX will BMW an die Spitze. Dass er windschnittiger ist als ein Sportwagen, verschafft ihm eine grosse Reichweite.
Das Wichtigste in Kürze
- Zwei Jahre nach der Vorstellung des Konzeptfahrzeugs iNext hat BMW den vollelektrischen Luxus-SUV jetzt erstmals so präsentiert, wie er im November nächsten Jahres bei den Händlern stehen soll.
Das neue «Technologie-Flaggschiff» des Konzerns heisst iX und leitet nach den Worten von Vorstandschef Oliver Zipse «eine neue Ära bei BMW ein».
Die Premiere am Mittwoch fand online statt. Der iX sei «als erstes Premiumfahrzeug mit dem 5G-Mobilfunkstandard» ausgestattet und könne 30 Gigabit Daten pro Sekunde übertragen. Zeitung lesen während der Fahrt kann der Fahrer allerdings noch nicht: Wenn er das Lenkrad loslässt, muss er weiterhin auf die Strasse schauen. Das ursprüngliche Ziel, das Auto nach Level-3-Standard autonom fahren zu lassen, hat BMW um einige Jahre verschoben. Denn die heute eingebauten Lidar-Sensoren können noch nicht weit genug nach vorn schauen, um völlig selbstständig und sicher auf der Autobahn zu fahren.
Auf den ersten Blick gleicht der iX dem X5. Länge und Breite sind identisch. Hinter der riesigen Niere vorn verstecken sich Sensorik, Lenkung und der Elektromotor für die Vorderachse. Ein Blick unter die Haube ist nicht mehr möglich, sie ist fest verschraubt. Scheinwerfer und Heckleuchten sind extrem schmal. Das Lenkrad ist eckig. «Wenn das Fahrzeug selbstständig fährt und den Fahrer auffordert, das Steuer wieder zu übernehmen, sieht er so besser, wie die Lenkung steht», erklärte Franciscus van Meel, Leiter der Produktlinie Rolls-Royce und BMW Luxusklasse.
Wo früher das Armaturenbrett war, steht ein breites Display frei auf der Fensterbank der Frontscheibe. Das Auto werde zum Lebensraum, etwa wenn es stundenlang im Stau stehe, sagte Zipse. «Wir haben uns eher von einem Wohnraum inspirieren lassen als vom Automobilbau», erläuterte BMW-Chefdesigner Adrian van Hooydonk. «Wir haben das Auto von innen nach aussen gedacht.» Die Technik trete im iX in den Hintergrund, die Bedienung werde einfacher. Die bis zu 30 Lautsprecher sind unsichtbar. Wenn der Fahrer sagt: «Mir ist kalt», erwärmen sich beheizbare Oberflächen.
Der Preis liege auf dem Niveau eines Verbrenners mit vergleichbarer Motorisierung, hiess es. Das wäre bei 500 PS eine Grössenordnung von 95 000 Euro. «Wir bauen kein Auto, das nicht profitabel ist», sagte Zipse.
Das Marktsegment sei sehr interessant, sagte Branchenexperte Stefan Bratzel. «Ich erwarte schon, dass BMW da angreifen kann.» Bei den Elektro-SUVS in der Oberklasse sind bisher der Audi e-tron und der Tesla Model X die Platzhirsche - der Mercedes EQC und der Jaguar i-Pace tun sich da schwer. Spannend werde aber sein, ob Mercedes nächstes Jahr ein Level-3-fähiges Serienfahrzeug auf die Strasse bringen könne, sagte Bratzel.
Gegenüber der Konkurrenz punkten will BMW mit dem geringen Verbrauch und der elektrischen Reichweite - da setzt der iX Massstäbe mit einem Stromverbrauch von weniger als 21 Kilowattstunden auf 100 Kilometern und mehr als 600 Kilometer Reichweite nach WLTP-Standard. Mit einem cw-Wert von 0,25 hat der grosse SUV sogar weniger Luftwiderstand als der BMW i8 und manch anderer Sportwagen.
Dabei ist er mit zweieinhalb Tonnen Gewicht der schwerste BMW überhaupt, trotz Aluminium und Karbon in der Karosserie. Im Konzern bringt nur der Rolls-Royce noch mehr auf die Waage. «Aber die Aerodynamik ist beim Elektroauto wichtiger als das Gewicht», sagte van Meel. Wichtige Details für die den geringen Luftwiderstand seien die Räder, die hinten abfallende Dachlinie und der schmale Fuss der Aussenspiegel, erklärte van Hooydonk.
Mit einer Ladezeit von 40 Minuten an einer Schnellladesäule liegt der iX im Rahmen des Üblichen. An einer normalen Ladesäule dauere es 11 Stunden. Den Elektro-SUV werde es auch mit Anhängerkupplung für Wohnwagen geben, sagte der Holländer van Meel.
Entwickelt wurde der iX in München mit Computerspiel-Technik und Simulatoren, wie sie auch in der Luftfahrt verwendet werden. Bei «Probefahrten mit einem Auto, von dem es noch nicht mal einen Prototyp gibt», konnten «Designer und Entwickler das Fahrzeug mit Virtual Reality schon so erleben wie später der Fahrer» sagte Michael Bartvogel, Leiter der BMW-Fahrsimulation. Kopfsteinpflaster, Vollgas, Vollbremsung, jede Bewegung werde vom Simulator übersetzt, der eine Masse von 84 Tonnen bewege. «Wir hatten hochdynamische Kurvenfahrten, bei denen es Insassen schlecht wurde im Simulator.» Auch BMW-Händler sowie «typische Kunden aus dem Segment, auch Fahrer von Wettbewerberfahrzeugen», seien für die Entwickler im Simulator gefahren und hätten Anregungen gegeben.
Der iX ist nach dem kleinen i3 und dem SUV iX3 der dritte vollelektrische BMW und soll ab Sommer 2021 in Dingolfing gebaut werden. Zipse sieht in ihm keine Konkurrenz für den X5 mit Diesel-, Benzin- oder Hybridantrieb: «Der iX soll den X5 nicht ersetzen.» Das Marktsegment sei gross, «da ist viel Platz. Ich glaube nicht, dass sie sich kannibalisieren.»