Böllerverbote in Städten bleiben die Ausnahme
Die Forderung von Umweltschützern, an Silvester Böller und Raketen wegen der Luftverschmutzung komplett aus den Innenstädten zu verbannen, ist laut einer dpa-Umfrage verpufft. Ihre Feinstaubwerte sind für viele Städte ein Argument - allerdings gegen Verbote.
Das Wichtigste in Kürze
- Fans von Böllern und Raketen können das Jahr 2020 in weiten Teilen Deutschlands so begrüssen wie die Jahre zuvor: Böllerverbote bleiben in vielen Städten auf einzelne Bereiche der Innenstadt begrenzt oder ganz aus.
In einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur unter 53 Städten und Gemeinden gaben 25 an, keine Böllerverbote zu verhängen. In 23 Städten soll es nur in bestimmten Gebieten Verbote geben, Bremen, Frankfurt (Oder) und Potsdam wollten noch über eventuelle Verbote entscheiden. Komplett untersagt sind Böller und Feuerwerke nur an der Nordsee: Das Amt Föhr-Amrum und die Gemeinde Sylt erlauben den Silvesterbrauch schon lange nicht.
Vor allem Umweltschützer hatten in den vergangenen Monaten versucht, das Böllern zumindest aus den Innenstädten zu verbannen. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hatte die Bundesregierung aufgefordert, kommunale Böllerverbote durch Änderungen in der Sprengstoffverordnung und im Bundesimmissionsschutzgesetz zu erleichtern.
Im Juli und Oktober schrieb die DUH 98 Städte an, in denen die WHO-Grenzwertempfehlungen für Feinstaub nicht eingehalten würden, und beantragte derartige Verbote. 39 der 53 von dpa befragten Städte waren unter den Adressaten. Davon sollte es in 21 Kommunen kein Verbot geben, auch die drei unentschiedenen Städte bekamen die DUH-Briefe.
Die Feuerwerksindustrie kritisierte, dass die DUH wie auch das Umweltbundesamt mit unseriösen Zahlen argumentiere, die lediglich auf Modellierungen und Schätzwerte beruhten. «Der reale Feinstaubausstoss von Feuerwerk – und das wird bislang verschwiegen – wurde von keiner der beiden Parteien jemals gemessen», sagte Klaus Gotzen vom Verband der pyrotechnischen Industrie (VPI) der dpa. Auch sei der von Feuerwerk freigesetzte Feinstaub wasserlöslich und werde vom Körper daher leichter aus der Lunge entfernt als etwa Russpartikel aus Dieselmotoren.
Für die befragten Städte, die Verbote oder Teilverbote planen, spielte die Luftreinheit ohnehin eine untergeordnete Rolle. 15 von der DUH angeschriebene Städte in der Umfrage wollten das Böllern zwar zumindest gebietsweise verbieten - allerdings nicht aus Gründen der Luftreinhaltung. Städte wie Hamburg, Ludwigshafen, Darmstadt oder Chemnitz hingegen, allesamt von der DUH angeschrieben, begründeten mit ihren Feinstaubwerten, dass sie wegen der geringen Belastung keinen Anlass für ein Verbot sähen.
Mehrere Städte, darunter Dresden, Regensburg und Mainz, nannten die auch von der DUH angeprangerten rechtlichen Hürden für ein Verbot als Grund, kein solches auszusprechen.
Der häufigste von Städten genannte Grund für Verbote und Verbotszonen waren jedoch Sicherheitsbedenken. Die Stadt München etwa beruft sich in diesem Jahr auf eine Gefahreneinschätzung der Polizei und erlässt ein komplettes Feuerwerksverbot in der Altstadt sowie ein Böllerverbot in einem grösseren Areal.
Auch rund um den Stuttgarter Schlossplatz ist privates Feuerwerk aus Sicherheitsgründen verboten. «Die Gefährdungslage an Silvester im Stadtinneren nimmt seit ein paar Jahren zu», sagte Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne). Stattdessen soll es eine zentrale Party mit Lichtshows, Video-Leinwänden und Live-Musik geben.
Nach guten Erfahrungen beim vergangenen Jahreswechsel sollen Böller auch in Teilen der Innenstadt Hannovers erneut verboten sein. Vor einem Jahr habe das Böllerverbot zu «einer erheblichen Entspannung der Lage» geführt, sagte ein Sprecher der niedersächsischen Landeshauptstadt.
In Köln ist das Böllern in diesem Jahr wie in jedem Jahr seit 2016 rund um den Dom verboten. Die Sicherheitsmassnahme ist eine Folge der Silvesternacht 2015, in der es neben zahlreichen sexuellen Verbrechen nach Angaben der Stadt auch massenhaften Beschuss mit Feuerwerkskörpern in der Gegend gab.
Berlin verbietet, nach Senatsangaben vor allem zum Schutz von Polizisten und Feuerwehrleuten, Böllern und Feuerwerk neben dem Gelände der zentralen Feier am Brandenburger Tor erstmals auch auf dem nördlichen Alexanderplatz sowie in der Pallasstrasse in Schöneberg, einem Böllergewaltbrennpunkt.
In anderen Städten mit Verbotszonen steht der Denkmalschutz im Vordergrund: Nürnberg etwa verbietet bereits seit 2001 das Böllern im Bereich der Burg. In diesem Jahr kommt eine neue böllerfreie Zone um die Lorenzkirche hinzu - nachdem sie laut Ordnungsamt in den vergangenen Jahren immer wieder beschossen wurde.