Boris Johnson entsetzt mit Aussage zu ermordeten Abgeordneten
Boris Johnson fordert die Opposition zu einem Misstrauensvotum heraus, um Neuwahlen zu erreichen. Mehr zu reden gibt jedoch eine heikle Aussage.
Das Wichtigste in Kürze
- Boris Johnson musste am ersten Sitzungstag des Parlaments Kritik einstecken.
- Er selbst will mit einem Misstrauensvotum doch noch eine Neuwahl erreichen.
- Doch mit einer Aussage über die verstorbene Jo Cox sorgt er für heftige Reaktionen.
Der Premierminister gibt sich trotz der demütigenden Niederlage vor Gericht kämpferisch. Er forderte die Opposition zu einem Misstrauensvotum heraus, um doch noch eine Neuwahl zu erreichen. Doch seine Gegner wollen ihn lieber noch eine Weile zappeln lassen.
Am ersten Sitzungstag des britischen Parlaments nach Aufhebung der Zwangspause ist über Premierminister Boris Johnson ein Sturm der Kritik hereingebrochen.
«Nicht geeignet für das Amt»
Johnson sei «nicht geeignet für das Amt, das er innehat», sagte Labour-Chef Jeremy Corbyn und forderte den Premier zum Rücktritt auf. «Für das Wohl dieses Landes sollte er gehen», so Corbyn.
Daneben sorgte Johnson mit einer Aussage zur ermordeten Abgeordneten Jo Cox für Empörung. «Der beste Weg, das Andenken an Jo Cox zu wahren und unser Land zusammenzubringen, wäre, den Brexit durchzuziehen», sagte Johnson über die bekennende Brexit-Gegnerin.
Feel a bit sick at Jo’s name being used in this way. The best way to honour Jo is for all of us (no matter our views) to stand up for what we believe in, passionately and with determination. But never to demonise the other side and always hold onto what we have in common.
— Brendan Cox (@MrBrendanCox) September 25, 2019
Die Reaktionen auf diese Aussage ließen nicht lange auf sich warten. Jo Swinson, Anführer der Liberalen Demokraten, nannte den Premier «eine Schande». Auch Brendan Cox, Witwer der ermordeten Politikerin, reagierte auf Twitter. Es mache ihn «krank, Jos Namen so verwendet zu sehen».
Erste Tagung nach Urteil
Die Richter des Obersten Gerichts hatten am Dienstag einstimmig die von Johnson verfügte fünfwöchige Zwangspause des Parlaments gekippt. Johnson sagte, die Entscheidung des Gerichts werde respektiert, er halte sie aber für falsch.
Der Regierungschef rief die Oppositionsparteien zu einem Misstrauensvotum auf. Schon am Donnerstag solle darüber abgestimmt werden, so der Premier. Doch mit dem Vorstoss handelte er sich umgehend eine Absage ein.
Zuerst müsse der von Johnson angedrohte EU-Austritt ohne Abkommen am 31. Oktober vom Tisch, sagte Corbyn. Auch der Chef der Schottischen Nationalpartei SNP, Ian Blackford, schloss sich dem an.
Die Regierung verfügt über keine Mehrheit mehr im Parlament. Bereits zwei Mal hatte Johnson versucht, selbst eine Neuwahl auszulösen. Doch beide Male verfehlte er die nötige Zweidrittelmehrheit bei weitem.
Für ein Misstrauensvotum würde bereits eine einfache Mehrheit ausreichen. Da Johnson selbst eine Wahl anstrebt, wäre eine relativ kleine Zahl an Oppositionsabgeordneten genug, um die Regierung zu Fall zu bringen. Bevor es zur Neuwahl kommt, hätte die Opposition jedoch einen Zeitraum von 14 Tagen, um eine alternative Regierung auf die Beine zu stellen. Johnson müsste darauf hoffen, dass das nicht gelingt.
«Totes Parlament»
Während eines langen Sitzungstages hatten sich die Abgeordneten bereits heftige Wortgefechte geliefert. Generalstaatsanwalt Geoffrey Cox hatte dem Parlament das «moralische Recht» abgesprochen, zu tagen. «Dieses Parlament ist ein totes Parlament», sagte der Tory-Politiker. Der juristische Chef-Berater der Regierung wirft den Abgeordneten vor, den Brexit verhindern zu wollen und das Ergebnis des Referendums von 2016 zu untergraben.
Der Labour-Abgeordnete Barry Sheerman reagierte empört: «Für einen Mann wie ihn, eine Partei wie diese und einen solchen Anführer (Premierminister Boris Johnson) ist es eine Schande, von Sitten und Anstand zu sprechen», rief Sheerman dem Generalstaatsanwalt zu. Cox hatte als wichtigster juristischer Berater der Regierung der Zwangspause seinen Segen gegeben.
Thomas-Cook-Down thematisiert
Johnson will den fertigen Austrittsvertrag mit der EU ändern und die Garantieklausel für eine offene Grenze in Irland streichen, den sogenannten Backstop. In einer Reihe von Arbeitspapieren hatte London Ideen für Alternativen vorgelegt. Verhofstadt sagte jedoch, diese seien bestenfalls «Komponenten einer Lösung». Auf dieser Basis könne die EU den Backstop nicht fallenlassen.
Auch die Insolvenz des britischen Reisekonzerns Thomas Cook spielte am ersten Sitzungstag im Parlament eine Rolle. Die Regierung will prüfen lassen, ob Manager des Unternehmens ihre Millionen-Boni zurückzahlen müssen. Ein entsprechendes Schreiben sei bereits an die Insolvenzverwalter gegangen, berichtete Verkehrsminister Grant Shapps den Abgeordneten.