Britischer Parlamentspräsident John Bercow gegen Boris Johnson
Das Wichtigste in Kürze
- Johnson bekommt für seinen Brexit-Kurs Widerstand aus dem Parlament.
- Parlamentspräsident Bercow werde dafür sorgen, dass Johnson das Unterhaus nicht aushebelt.
Angesichts eines drohenden EU-Austritts ohne Abkommen will der britische Parlamentspräsident John Bercow das Unterhaus nicht durch Premierminister Boris Johnson aushebeln lassen.
Dafür werde er «bis zum letzten Atemzug kämpfen», sagte Bercow dem «Guardian» zufolge auf einer Veranstaltung im schottischen Edinburgh.
«Und sollte es einen Versuch geben, das Parlament zu überlisten, zu umgehen oder – Gott behüte – zu schliessen, dann wäre das für mich ein Gräuel», betonte Bercow. Johnson hatte ausdrücklich nicht ausgeschlossen, notfalls dem Parlament eine Zwangspause aufzuerlegen und es so zeitweise handlungsunfähig zu machen.
Parlament in der Lage, Brexit ohne Abkommen zu verhindern
Das Parlament ist laut Bercow in der Lage, einen Brexit ohne Abkommen zu verhindern. Wie das funktionieren soll, verriet er aber nicht. Die Abgeordneten sind über den EU-Austritt heillos zerstritten. Johnsons Vorgängerin Theresa May war dreimal mit ihrem mit Brüssel ausgehandelten Abkommen im Unterhaus durchgefallen.
Der Parlamentspräsident hat sich in Grossbritannien und anderen Ländern zur Kultfigur gemausert – und er spielt im Streit um den EU-Austritt eine wichtige Rolle. Kritiker werfen ihm aber vor, die Neutralität seines Amts zugunsten der Brexit-Gegner zu verletzen.
Johnson droht mit No-Deal-Brexit
Johnson will Grossbritannien am 31. Oktober aus der Europäischen Union führen. Er droht mit einem No-Deal-Brexit, sollte sich Brüssel nicht auf seine Forderung nach Änderungen an dem zwischen May und Brüssel ausgehandelten Abkommen einlassen. Dies lehnt die EU aber ab. Eine ungeregelte Trennung von der Staatengemeinschaft würde die Wirtschaft und zahlreiche andere Lebensbereiche erheblich schädigen.
Johnson will den vereinbarten Backstop im Abkommen streichen. Diese Garantieklausel soll verhindern, dass zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland wieder Grenzkontrollen eingeführt werden müssen. Das könnte den alten Konflikt zwischen katholischen Befürwortern einer Vereinigung Irlands und protestantischen Loyalisten wieder schüren.
Der Backstop sieht vor, dass Grossbritannien so lange Teil einer Zollunion mit der EU bleibt, bis das Problem anderweitig gelöst ist. Für Nordirland sollen zudem teilweise Regeln des Europäischen Binnenmarkts gelten. Johnson sieht in der Klausel ein «Instrument der Einkerkerung» Grossbritanniens in Zollunion und Binnenmarkt.