Bundesweiter Warntag: Probealarm kommt von 38'000 Sirenen
Am Donnerstag übt Deutschland erneut den Katastrophenfall. Mehr als 38'000 Sirenen sollen zum Einsatz kommen. Auch Sicherheitsfragen werden geklärt.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Bundesregierung testet den Katastrophenalarm auf Bundesebene.
- Im kommenden Jahr sollen die Sirenen vom Bund direkt ansteuerbar sein.
Am Donnerstag wird durchgespielt, wie Menschen im Fall von Katastrophen alarmiert werden können. Um 11 Uhr sollen Handys piepsen und Sirenen heulen. BBK-Chef Tiesler erklärt, welche Warnmittel sein Amt auslösen kann.
Beim bundesweiten Warntag an diesem Donnerstag stehen neben anderen Kanälen auch etwa 38'000 Sirenen für den Probealarm zur Verfügung.
Bis zumindest ein Teil von ihnen zentral angesteuert werden kann, werden aber mindestens noch einige Monate vergehen, wie der Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Ralph Tiesler, in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur erklärt.
«Die Sirenen müssen von den Leitstellen der Kommunen ausgelöst werden; da muss also jemand in der Leitstelle noch auf den Knopf drücken», sagt der Behördenchef. Das sei auch der Grund, weshalb der Sirenenalarm nicht im gleichen Moment kommt wie etwa die Warnung per App oder Cell Broadcast. «Unser Ziel ist es, die Möglichkeit zu schaffen, dass in Zukunft alle Sirenen, bei denen das technisch machbar ist, auch vom Bund direkt angesteuert werden können», erklärt Tiesler. Ob das bereits beim nächsten Warntag im September 2024 der Fall sein wird, ist aber noch nicht sicher.
Meist wird lokal oder regional gewarnt
In der Praxis sind bundesweite Warnungen – abgesehen vom Probealarm – ohnehin der absolute Ausnahmefall. Meist wird lokal oder regional gewarnt, etwa vor Überflutungen oder Waldbränden.
«Bislang sind rund 38'000 Sirenen erfasst», sagt der Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), Ralph Tiesler, in dem dpa-Interview. Eine ähnliche Dichte von Sirenen haben, bezogen auf die Grösse des Staatsgebiets, etwa die Niederlande, wo an jedem Montag im Monat ein Probealarm ausgelöst wird.
Ein vollständiges und aktuelles Bild von den in Deutschland aufgestellten funktionstüchtigen Sirenen werde es 2024 geben, fügte Tiesler hinzu: «Das bundesweite Sirenenkataster soll im Laufe des kommenden Jahres als Plattform mit tagesaktuellen Daten zur Verfügung stehen.»
Gegen 11.00 Uhr wird das BBK am Donnerstag einen Probealarm auslösen. Der wird dann unter anderem über Warn-Apps, Radio- und Fernsehsender sowie über knapp 6'600 digitale Anzeigetafeln wird. Die sogenannten Stadtinformationstafeln können vom BBK direkt angesteuert werden.
Auch per Cell Broadcast soll wieder gewarnt werden. Dabei erhält jeder Handynutzer, der sich mit angeschaltetem Mobiltelefon in einem bestimmten Gebiet aufhält, eine von einem Geräusch angekündigte Textnachricht – vorausgesetzt das Gerät ist nicht zu alt und die notwendigen Updates wurden gemacht. Beim Warntag im vergangenen Jahr lag die Abdeckungsrate von Cell Broadcast bei rund 53 Prozent, wie das BBK unter Berufung auf eine eigene Umfrage berichtet.
Beim ersten Warntag 2020 war vieles schiefgegangen
Die Zahl der Sirenen ist heute höher als noch vor einigen Jahren, auch wenn es an manchen Orten in Deutschland immer noch gar keine Sirenen gibt. Nach dem Ende des Kalten Krieges hatte man die Geräte vielerorts für überflüssig gehalten und nicht mehr repariert beziehungsweise abgebaut. Inzwischen ist man allerdings bemüht, das zu ändern. Es gibt auch entsprechende Förderprogramme.
Exakt wie viele Sirenen es vor fünf Jahren oder vor zehn Jahren gab, weiss allerdings niemand mit Bestimmtheit zu sagen. Denn die bundesweite Übersicht – Katastrophenschutz ist Ländersache – wird erst jetzt erstellt.
Beim ersten bundesweiten Warntag 2020 war vieles schiefgegangen, weshalb der damalige BBK-Chef, Christoph Unger, seinen Posten räumen musste. Beim zweiten Test am 8. Dezember 2022 lief es besser. «Insgesamt können wir mit einer Quote von rund 90 Prozent über alle Warnkanäle zusammen schon ganz zufrieden sein», findet Tiesler.
Frage nach Bunkern im Kriegsfall ist bislang ungeklärt
Der Leiter der Behörde, die sich früher oft dem Vorwurf ausgesetzt sah, sie würde mit ihren Aufrufen zum Selbstschutz Panik schüren, sieht die Bevölkerung heute besser aufgestellt, was die persönliche Vorsorge für Krisen und Katastrophen angeht.
Im dpa-Interview sagt er: «Unsere Kampagnen und Ereignisse wie die Corona-Pandemie, die Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, aber auch der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine haben dafür gesorgt, dass sich die Menschen stärker mit persönlichen Vorkehrungen für Krisen- und Katastrophenszenarien befassen.»
Dies könne das BBK aus den Ergebnissen einer Umfrage ablesen, die das in Bonn beheimatete Amt seit eineinhalb Jahren regelmässig erstellen lässt. Auch die Zahl der Downloads und der vom BBK auf Anfrage verschickten Ratgeber zu Vorsorge-Fragen hat demnach zugenommen.
Auf die Frage nach Bunkern oder anderen Schutzräumen für den Fall eines militärischen Angriffs haben die Bundesbehörden allerdings noch keine überzeugende Antwort. «Mit der Frage, wie wir mit den verbliebenen 579 Schutzräumen umgehen, beschäftigen wir uns zur Zeit», sagt Tiesler. Er fügt hinzu: «Das ist ein komplexes Thema, denn da 2007 entschieden worden war, keine öffentlichen Bunker mehr zu betreiben, stehen wir da noch ziemlich am Anfang.»