Coronavirus: Diese Länder sind über den Berg - und diese nicht
Die Schweiz meldet seit Wochen geringe Neuinfektionszahlen mit dem Coronavirus. Viele Länder vermelden Besserung – mancherorts bleiben die Zahlen jedoch hoch.
Das Wichtigste in Kürze
- In praktisch allen Ländern Europas sinkt die Zahl der Neuinfektionen.
- So wenige Neuinfektionen wie in der Schweiz hat jedoch kaum ein Land in Westeuropa.
- Nau.ch fasst die Situation in Europa zusammen: Kommen die Lockerungen zu früh?
Grosse Freude gestern Montag in Madrid: Spanien hat erstmals seit Anfang März keinen neuen Corona-Toten zu vermelden. Die Zahlen seien «sehr, sehr ermutigend», sagte Fernando Simón vom spanischen Gesundheitsministerium.
Damit reiht sich der Spanier in eine lange Reihe von optimistischen Vertretern der Gesundheitspolitik. Sämtliche Länder Westeuropas vermelden sinkende Zahlen. Doch das Bild trügt: Einige Länder haben die Lage nach wie vor nicht völlig unter Kontrolle.
Nachverfolgbarkeit als Kontrollmechanismus
Klar ist: Kein Land in Europa hat so viele Infizierte, dass die Epidemie mittels «Herdenimmunität» eliminiert werden kann. Hierfür müssten sich rund 70 Prozent der Bevölkerung mit dem Coronavirus anstecken: Sofern ein Grossteil der Bevölkerung mit Antikörpern gegen das Virus ausgestattet ist, verhindern die Immunisierten eine weitere Ausbreitung.
Da kein Land dermassen hohe Infektionszahlen hatte, verfolgen die meisten europäischen Länder eine ähnliche Strategie wie die Schweiz: Sobald die Infektionszahlen auf ein überschaubares Mass gesunken sind, sollen lokale Ausbrüche mittels «Contact Tracing» eingedämmt werden.
Europäische Länder im Vergleich zur Schweiz
Die Schweiz vermeldete im Schnitt der vergangenen sieben Tage noch rund 2,1 tägliche Neuinfektionen pro Million Einwohner. Damit steht die Schweiz im Vergleich zu den Nachbarländern gut da: Gemäss «Worldometers» verzeichnete Deutschland 5,1, Österreich 3, Italien 7,2 und Frankreich 13,4 tägliche Neuinfektionen pro Million Einwohner.
Vergleicht man dies mit dem Höhepunkt der Welle, sind dies hervorragende Zahlen: In der Schweiz waren es zum Höhepunkt Mitte März 129 tägliche Neuinfektionen pro Million Einwohner, in Italien 93.
Mittlerweile gehört die Schweiz zu den West- und Mitteleuropäischen Ländern mit den geringsten Neuinfektionszahlen: Einzig in Norwegen ist der Wert mit 2,2 durchschnittlichen Neuinfektionen pro Million Einwohner ähnlich niedrig. Spanien vermeldet derzeit noch 12,8, Belgien 14,7 Fälle.
Schlusslicht-Trio hat das Coronavirus noch nicht unter Kontrolle
Nach wie vor bleiben Grossbritannien, Schweden und Portugal die Schlusslichter in Sachen Neuinfektionen: Grossbritannien verzeichnet derzeit noch 28,2 Fälle, Tendenz sinkend. Obwohl die Zahlen mehr als zwanzigmal höher sind als in der Schweiz, nimmt der Inselstaat bereits die Lockerung in Angriff. Mit beinahe 40'000 Toten ist das Land europäischer Spitzenreiter.
In Portugal haben sich die Zahlen bei 25,8 täglichen Neuinfektionen pro Million Einwohner stabilisiert: Zu Beginn der Epidemie war das Land verhältnismässig wenig betroffen, die Massnahmen waren weniger drastisch als anderswo. Bereits Anfang Mai wurde die Lockerung in schnellen Schritten beschlossen. Nun zeigt sich, dass die Lockerung möglicherweise zu früh kam.
In Schweden hat sich seit dem Höhepunkt kaum etwas verändert: Mit 54,9 Neuinfektionen auf eine Million Einwohner bleiben die Zahlen unverändert hoch. Schweden setzt auf eine völlig andere Strategie als der Rest Europas: Das Land hat kaum Massnahmen erlassen und setzt auf die Eigenverantwortung der Bürger.
Die Daten müssen mit Vorsicht betrachtet werden – unterschiedliche Testkapazitäten können das Bild verzerren. Ausserhalb Europas ist die Lage derzeit deutlich prekärer: Die USA verzeichnen 66,7 tägliche Neuinfektionen pro Million Einwohner, Tendenz leicht sinkend. Vielen Ländern in Südamerika dürfte der Höhepunkt gar noch bevorstehen.