Coronavirus: Franzosen wollen mit gezielter Ansteckung Piks umgehen
Immer mehr Franzosen wollen sich bewusst mit dem Coronavirus anstecken. Damit wollen sie das «Zertifikat» ergattern, ohne sich dafür impfen zu müssen.
Das Wichtigste in Kürze
- Viele junge Franzosen geben an, sich gezielt mit Corona infizieren zu wollen.
- Sie glauben, so schneller und einfacher ans Zertifikat zu kommen als mit einer Impfung.
- Experten warnen aber, die Risiken einer Infektion seien nicht zu unterschätzen.
Immer mehr junge Franzosen lassen sich absichtlich mit Corona anstecken. Damit wollen sie den sogenannten pass sanitaire ergattern, ohne sich dafür impfen zu müssen. Denn für sie sei eine Infektion im Vergleich zur Impfung das kleinere Übel, berichten diverse französische Medien.
Ohne Zertifikat fühlen sich viele junge Franzosen eingeschränkt. Unter anderem für Restaurants, Kinos, Theater, Museen und Langstrecken-Zugreisen ist das Zertifikat in Frankreich ab Montag verpflichtend. Viele wollen sich dieses nun als Genesene holen – ihr Ziel ist es, über eine Infektion die Immunität zu erlangen.
Infektion als schnelle und einfache Lösung
Viele Franzosen glauben offenbar, dass ihnen das Coronavirus kaum etwas anhaben würde. Einige halten die Impf-Nebenwirkungen für eine grössere Unannehmlichkeit. Ausserdem muss zwischen den beiden Impfungen mehrere Wochen gewartet werden – eine Infektion ist in kürzerer Zeit überstanden.
Heisst im Umkehrschluss: Der Weg, das Zertifikat über die Genesung zu erhalten, erscheint vielen Franzosen als einfachere und schnellere Lösung als eine Impfung. Viele nehmen dafür offenbar das Risiko eines schlimmen Verlaufs oder von Langzeitfolgen in Kauf.
Gegenüber «Le Figaro» erklärt ein 25-Jähriger, er wasche sich absichtlich weniger die Hände, um Corona zu bekommen. Eine 20-jährige Französin sagt sogar, sie würde sich absichtlich von einer infizierten Kollegin anhusten lassen.
Experten warnen vor den verbundenen Risiken
Experten halten diese Entwicklung für sehr besorgniserregend. Gegenüber «La Chaîne Info» spricht Epidemiologe Philippe Amouyel von einem «grossen Fehler». Das Risiko von Spätfolgen sei bei einer Coronainfektion nicht zu vernachlässigen. Ausserdem sei der Altersschnitt der Intensivpatienten zuletzt gesunken, führt Amouyel aus.
Gesundheitsminister Oliver Véran sagt: «Auch die 20- bis 30-Jährigen können Langzeitfolgen haben. Sie sind bei einer Krankheit wochenlang erschöpft, manchmal sogar Monate. Sie sollten also nicht glauben, dass sie ausser Gefahr sind.»