Der Drang nach draussen bringt Probleme für den Wald
Im Wald da sind die Räuber - oder jedenfalls Spaziergänger, Jogger, Radfahrer. Ihre Zahl hat sich im Zuge des Corona-Lockdown rasant erhöht. Die Flucht nach draussen ist schön für die Menschen. Und für die Natur?
Das Wichtigste in Kürze
- Das Rausgehen in die Natur seit Beginn der Corona-Pandemie ist für viele Menschen ein Gewinn, für die Natur aber nicht unbedingt.
Tiere, Wald und Waldwege leiden unter dem massiv gestiegenen Ansturm von Spaziergängern, Joggern, Rad- oder Mountainbikefahrern. Eigentlich seien die vielen Besucher ein schönes Zeichen, sagte der Wald-Referent des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Baden-Württemberg, Christoph Schramm. «Allerdings quillen durch Einwegmasken und to-go-Verpackungen wegen geschlossener Restaurants die Mülleimer in Parks und Naherholungsgebieten über, viel Müll liegt auch einfach so in der Natur.»
Auch der Mountainbike-Sport habe sehr viel Zulauf erfahren. Dadurch seien neue illegale Trails in den Wäldern im Südwesten entstanden. «Die illegalen Trails sind ein besonderes Problem, weil bei der Anlage in der Regel keine Rücksicht auf Schutzgebiete und Lebensräume genommen wird», sagte er. «Als Folge wird die Natur weiter zerschnitten und Ruhezonen von Tieren gestört.»
Einen Grund für die häufig anzutreffenden Mountainbiker sieht die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald in der Tatsache begründet, dass der Mountainbike-Sport eine der wenigen Aktivitäten sei, die in Corona-Zeiten noch erlaubt seien. «Schon die stark gestiegenen Verkaufszahlen von Mountainbikes zeigen, wohin der Trend geht», sagte die Sprecherin Sabine Krömer-Butz der Deutschen Presse-Agentur. Hierdurch seien auch neue illegale Trails entstanden.
Einen bundesweiten Zulauf in deutschen Wäldern stellt auch der Leiter Naturschutzpolitik des BUND, Magnus Wessel, fest. Besonders betroffen seien Grünanlagen und Wälder in der Nähe von Ballungsräumen. Hinzu komme die Zeitumstellung, die den Zeitrhythmus der Menschen verändere. «Die Leute sind häufiger in der Dämmerung unterwegs, wodurch sich die Unfallgefahr, etwa mit Rehen erhöht», sagte Wessel der Deutschen Presse-Agentur. Es gelte auch in Pandemiezeiten, Rücksicht zu nehmen und auf den markierten Wegen zu bleiben.
Doch trotz der zusätzlichen Belastung für die Wälder habe die Corona-Pandemie den positiven Effekt gehabt, dass die Menschen Grünanlagen und Wäldern als Erholungsräume mehr Wertschätzung entgegenbrächten, erklärt Wessel. «Manchen Familien würde es viel schlechter gehen, wenn sie nicht die Gelegenheit hätten, das Grüne aufzusuchen.»
Auch in Sachen Müllentsorgung sieht Wessel einen bundesweiten Trend, insbesondere beim Thema Masken. «Man sieht, dass die Entsorgung der Masken mangelhaft ist, das muss man deutlich sagen.» Das sei problematisch, weil die Masken aus Kunststoffgewebe seien und sich nicht selbst abbauen. Für die Tiere im Wald seien die Masken vor allem deshalb gefährlich, weil die Gefahr bestünde, dass sie sich in den Ohrschlingen verfingen und selbst strangulierten, so Wessel. Im Wald gelte die alte Weisheit, dass man nichts zu hinterlassen habe, ausser einen guten Eindruck. «Und alles andere nimmt man wieder mit nach Hause.»