Der Europarat in fünf Punkten
Alain Berset wird am 18. September erster Schweizer Generalsekretär des Europarats. Wesentliche Punkte zur europäischen Organisation.
Zum ersten Mal ist mit alt Bundesrat Alain Berset ein Schweizer zum Generalsekretär des Europarates gewählt worden. Er wird sein Amt am 18. September antreten. Die europäische Organisation in fünf Punkten.
«Eine Art Vereinte Nationen von Europa»
Die Idee eines Europarats, der 1949 in London als Folge des Zweiten Weltkriegs gegründet wurde, wurde bereits einige Jahre zuvor durch den ehemaligen britischen Premierministers Winston Churchill vorgestellt. 1946 forderte er in einer Rede an der Universität Zürich «eine Art Vereinte Nationen von Europa».
Als Mitglied sitzt die Schweiz in den verschiedenen Organen der Organisation, deren Ziel es ist, die Menschenrechte auf dem europäischen Kontinent zu verteidigen. Bundesrat Ignazio Cassis vertritt die Eidgenossenschaft im Ministerkomitee. Der Schweizer Richter Andreas Zünd gehört dem Richtergremium des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) an.
Und sechs Mitglieder der Bundesversammlung sitzen in der Parlamentarischen Versammlung. Zwölf Vertreter der Kantone und Gemeinden gehören dem Kongress der Gemeinden und Regionen an.
Europarat begann mit zehn Mitgliedern
Der Europarat mit Sitz im französischen Strassburg hatte zu Beginn zehn Mitglieder: Belgien, Dänemark, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen, Schweden und das Vereinigte Königreich. 1963 wurde die Schweiz als 17. Mitglied in den Europarat aufgenommen. Heute zählt der Europarat 46 Mitgliedstaaten.
Um der Organisation beizutreten, muss ein Staat zwingend die Europäische Menschenrechtskonvention ratifizieren. Auch Russland war seit 1996 Mitglied, bis das Ministerkomitee, das Exekutivorgan der Organisation, nach dem Angriffskrieg in der Ukraine beschloss, das Land 2022 auszuschliessen. Die Beziehungen zu Belarus, das nie Vollmitglied war, wurden ebenfalls zu diesem Zeitpunkt ausgesetzt.
Berset als erster Schweizer Europarat-Generalsekretär
Alt Bundesrat Alain Berset wurde am 25. Juni als erster Schweizer zum Generalsekretär des Europarates gewählt. Er wird am 18. September die Nachfolge der Kroatin Marija Pejčinović Burić antreten. Sie wollte nicht für eine zweite Amtszeit kandidieren.
Er wird rund 1800 Personen führen und die Verantwortung für ein Jahresbudget von rund 625 Millionen Euro tragen. Er wird insbesondere eng mit dem EGMR und der Parlamentarischen Versammlung zusammenarbeiten. Der 52-jährige Freiburger wurde für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt und kann maximal zwei Amtszeiten absolvieren.
Zu den Schweizern, die sich im Europarat einen Namen gemacht haben, gehört der Ende 2023 verstorbene Dick Marty. Als Sonderermittler der Parlamentarischen Versammlung über die umstrittenen CIA-Gefangenentransfers und die US-Geheimgefängnisse hat er sich in Europa einen Namen gemacht.
Erster Klimafall vor EGMR: Schweiz wegen Untätigkeit verurteilt
Der ehemalige Tessiner Ständerat und Staatsrat hat als Sonderberichterstatter des Europarats einen Bericht in Bezug auf den Organhandel, der 1999 von der Befreiungsarmee des Kosovo betrieben worden sei, verfasst. Seine Anzeigen wegen Kriegsverbrechen der kosovarischen Milizen gegen Serbien führten dazu, dass der ehemalige kosovarische Präsident Hashim Thaci 2020 vor dem Haager Sondergerichtshof für den Kosovo angeklagt wurde.
Der 1959 eingerichtete Europäische Gerichtshof für Menschenrechte verurteilte die Schweiz im April wegen Untätigkeit im Klimabereich. Zum ersten Mal wurde ein Staat in dieser Angelegenheit an den Pranger gestellt. Der Fall wurde vom Verein Klimaseniorinnen ans Gericht gebracht.
Die Entscheidung wurde sowohl im National- wie auch im Ständerat heftig kritisiert. Beide Kammern befanden in einer kritischen Erklärung, dass es nicht die Aufgabe eines Gerichts sei, neue Menschenrechte zu entwickeln und Gesetze zu erlassen. Auch der Bundesrat kritisierte Ende August das Urteil des EGMR.