Friedensnobelpreis

Der Friedensnobelpreis und der ewige Konflikt

Keystone-SDA
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Schweden,

Krieg und Blutvergiessen: Vor der Bekanntgabe des diesjährigen Friedensnobelpreisträgers scheint ein Ende des Nahostkonflikts wieder in ganz weiter Ferne.

Ein Handschlag, der die Hoffnungen auf einen Frieden zwischen Israel und den Palästinensern symbolisiert: Der damalige Ministerpräsident von Israel, Izchak Rabin (l), und Jassir Arafat (r), damaliger Vorsitzender der Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO, geben sich im Beisein von Ex-US-Präsident Bill Clinton die Hand.
Ein Handschlag, der die Hoffnungen auf einen Frieden zwischen Israel und den Palästinensern symbolisiert: Der damalige Ministerpräsident von Israel, Izchak Rabin (l), und Jassir Arafat (r), damaliger Vorsitzender der Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO, geben sich im Beisein von Ex-US-Präsident Bill Clinton die Hand. - Avi Ohayon/Israeli Government Pr/EPA/dpa

Die Auszeichnung der Friedensnobelpreisträger des Jahres 1994 war mit grossen Hoffnungen verbunden. Mit dem Abschluss des Osloer Abkommens und dessen Umsetzung hätten Palästinenserführer Jassir Arafat und die israelischen Politiker Schimon Peres und Izchak Rabin «wesentliche Beiträge zu einem historischen Prozess» im Nahen Osten geleistet, durch den «Krieg und Hass» durch «Frieden und Zusammenarbeit» ersetzt werden könnten, verkündete das norwegische Nobelkomitee damals voller Zuversicht.

Im Sinne des Testaments von Preisstifter Alfred Nobel (1833–1896) würdigte das Komitee den grossen Mut, mit dem die führenden palästinensischen und israelischen Politiker der damaligen Zeit neue Möglichkeiten für eine Art von Verbrüderung im Nahen Osten geschaffen hätten. «Es ist die Hoffnung des Komitees, dass der Preis all den Israelis und Palästinensern als eine Ermutigung dienen wird, die sich für einen anhaltenden Frieden in der Region einsetzen», hiess es damals in Oslo.

30 Jahre später ist diese Hoffnung auf Frieden – wieder einmal – erloschen. Infolge des Terrorangriffs der Hamas auf Israel herrschen in der Region erneut Krieg und Blutvergiessen. Und vor der Bekanntgabe des diesjährigen Friedensnobelpreisträgers an diesem Freitag (11. Oktober) scheint ein Ende des Nahostkonflikts wieder in ganz weiter Ferne.

«Frieden ist eine Frage des Willens»

Nun ist kein Konflikt, so komplex er auch sein mag, unlösbar. «Frieden ist eine Frage des Willens. Alle Konflikte können beigelegt werden, und es gibt keine Entschuldigung dafür, sie ewig währen zu lassen», sagte der finnische Friedensnobelpreisträger Martti Ahtisaari 2008 in seiner Nobelvorlesung. Für Frieden braucht es jedoch Politiker, die – in den Worten des damals zuständigen Komiteevorsitzenden Francis Sejersted über Arafat, Peres und Rabin – stark genug sind, um aus dem Teufelskreis aus Hass und Gewalt auszubrechen und einen Weg zur Versöhnung aufzuzeigen.

Bereitschaft dafür gebe es derzeit aber auf keiner Seite, sagt der Direktor des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri, Dan Smith. Um eine friedliche Koexistenz zu schaffen, brauche es grundlegenden Respekt füreinander und auch Führungen, die sich zusammen an einen Tisch setzen und auf Frieden hinarbeiten wollten. «Man sollte niemals sagen, dass Frieden nicht möglich ist», sagt Smith zwar. Nur ob dies tatsächlich eines Tages – oder gar in absehbarer Zukunft – in Nahost der Fall sein werde, da ist er deutlich skeptischer.

Den Nobelpreis für Arafat, Peres und Rabin hält der Friedensforscher rückblickend dennoch für gerechtfertigt. Damals habe es einen grossen Durchbruch gegeben und noch dazu die Hoffnung, sich ein Jahr nach dem vorangegangenen Friedensnobelpreis an Nelson Mandela und Frederik Willem de Klerk für die Beendigung der Apartheid in Südafrika gleich den nächsten grossen Friedensprozess vorzunehmen. Vergebens, wie sich zeigen sollte. «Vielleicht sind die Hoffnungen hier zu weit gegangen», bilanziert Smith heute.

Ein Friedenspreis in einer unruhigen Welt

Die Frage, ob der Nobelpreis diesmal erneut an führende Nahost-Politiker gehen könnte, erübrigt sich. Aber auch insgesamt scheint sich die Welt in einem verheerenden Zustand zu befinden: Neben dem Konflikt in Nahost tobt weiterhin auch der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. Im Sudan und an Dutzenden anderen Orten der Erde herrschen weitere gewalttätige Auseinandersetzungen. Gibt es in diesen Zeiten überhaupt Kandidaten, die für den wichtigsten Friedenspreis der Erde infrage kommen?

Schaut man auf die Zahl der Nominierungen, dann lässt sich sagen: Ja, es gibt sie, aber deutlich weniger als in den Vorjahren. 197 Persönlichkeiten und 89 Organisationen sind diesmal von den Nominierungsberechtigten ins Rennen geschickt worden. Verglichen mit den insgesamt 351 Nominierten des Vorjahres ist das Kandidatenfeld damit innerhalb eines Jahres um fast ein Fünftel geschrumpft.

Dabei sah die Weltlage auch in den Vorjahren nicht gerade rosig aus. Das Nobelkomitee entschied sich vor diesem Hintergrund zuletzt mehrmals dafür, Menschenrechtler statt klassischer Friedensstifter auszuzeichnen: 2023 ging der Preis an die inhaftierte Iranerin Narges Mohammadi, 2022 an den ebenso in Haft sitzenden Belarussen Ales Bjaljazki und die Organisationen Memorial aus Russland und Center for Civil Liberties aus der Ukraine.

Kein Frieden – kein Friedensnobelpreis?

Und diesmal? Diesmal ist der vermutlich prominenteste Menschenrechtler dieser Zeit, der Russe Alexej Nawalny, seit acht Monaten tot. Friedensaussichten in einem laufenden Konflikt gibt es zudem kaum.

«Die Welt befindet sich in grossen Schwierigkeiten», stellt Smith fest. Das gelte nicht nur mit Blick auf die Situationen im Gazastreifen, in der Ukraine und im Sudan, sondern auch auf die anderen rund 50 bewaffneten Konflikte, die derzeit herrschten. Das Nobelkomitee könnte diese bedauerliche Weltlage nun abbilden, indem sie erstmals seit mehr als 50 Jahren einen ganz bestimmten Preisträger benennt – nämlich gar keinen.

«Nicht annähernd genug wird in der heutigen Welt für den Frieden getan», moniert Smith. «Vielleicht wäre es diesmal die stärkste Botschaft des Nobelkomitees, zu sagen, dass es in diesem Jahr einfach keine Grundlage für die Vergabe des Preises gibt.» Solch ein Schritt würde ein Zeichen an die Welt senden, dass es Zeit zum Aufwachen und Handeln sei.

Ein Novum wäre solch ein Schritt nicht, ein besonderer aber schon: Seit der ersten Vergabe 1901 wurde in 19 Jahren kein Friedensnobelpreis verliehen, darunter allein 13 Mal während und zwischen den Weltkriegen und zuletzt 1972.

Organisationen im Favoritenkreis

Beim Osloer Friedensforschungsinstitut Prio kann man sich derweil vorstellen, dass eine internationale Organisation für ihre Arbeit geehrt werden könnte: Prio-Direktor Henrik Urdal hat das Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR) der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ganz oben auf seiner Favoritenliste. Auch der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag, das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA und die UN-Kulturorganisation Unesco finden sich in Urdals engerer Auswahl.

Wie sich das Nobelkomitee letztlich entscheidet? Das bleibt wie immer bis zur Verkündung ein grosses Geheimnis. Die Namen der Nominierten werden traditionell 50 Jahre lang geheim gehalten. Der oder die Auserwählte wird dann an Nobels Todestag am 10. Dezember in Oslo mit dem Nobelpreis und einem Preisgeld in Höhe von elf Millionen schwedischen Kronen (rund 910'460 Franken) geehrt – wenn es denn diesmal einen gibt.

Kommentare

User #1648 (nicht angemeldet)

Clinton hatte damals alles parat gemacht. Arafat musste nur noch unterzeichnen. Aber er traute sich nicht, weil er fürchtete von den Eigenen als Verräter gemeuchelt zu werden. Sie wollen alle nicht. Deshalb ist es wie es ist.

User #4744 (nicht angemeldet)

Der Friedensnobelpreis ist eine Farce. Siehe Obama

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