Deutschland Vorbild bei Erwachsenenbildung
Beteiligung lückenhaft, Fortschritte mangelhaft, Investitionen unzureichend: Die Unesco stellt vielen Staaten in der Erwachsenenbildung ein vernichtendes Zeugnis aus. Erwachsene in Deutschland allerdings können sich freuen.
Das Wichtigste in Kürze
- Deutschland zählt bei der Erwachsenenbildung hinsichtlich Qualität, Finanzierung und Beteiligung zu den führenden Ländern weltweit.
Deutschland gehört zu den 19 Prozent der Länder, die über 4 Prozent ihres Bildungsbudgets in lebenslanges Lernen investieren, wie aus dem am Donnerstag veröffentlichten Unesco-Weltbericht zur Erwachsenenbildung hervorgeht. Weltweit ist die Situation wenig zufriedenstellend: Zu wenig Erwachsene haben Zugang zu Bildung.
Der Bericht wird alle drei Jahre herausgegeben. Er wird vom Unesco-Institut für Lebenslanges Lernen in Hamburg erstellt und basiert auf Daten aus 159 Ländern. Die Autoren fordern stärkere Investitionen von Regierungen und Arbeitgebern in die Erwachsenenbildung. Ausserdem müssten Geberländer ihren Hilfsverpflichtungen gegenüber Entwicklungsländern nachkommen. Es müsse anerkannt werden, dass Investitionen in lebenslanges Lernen soziale und wirtschaftliche Vorteile mit sich bringen, so die Experten.
In knapp einem Drittel von 96 ausgewerteten Ländern, zu denen Daten vorlagen, nehmen weniger als 5 Prozent der Erwachsenen ab 15 Jahren an Bildungsprogrammen teil. Vor allem benachteiligte Gruppen wie Erwachsene mit Behinderungen, Ältere, Geflüchtete und Migranten zählen zu den Verlierern. Dem Bericht nach gaben etliche Länder an, die Teilnahmeraten von Gruppen wie Migranten oder Geflüchteten gar nicht zu kennen. Eine grosse Barriere für diese Gruppen sind ausserdem fehlende Sprachkurse. Für diese Menschen ist besonders schwer, ihre Fähigkeiten und Kompetenzen nachzuweisen und entsprechend an Weiterbildungsprogrammen teilzunehmen.
Zwei Drittel der untersuchten Länder gaben den Autoren zufolge an, seit 2015 Fortschritte im Bereich lebenslanges Lernen gemacht zu haben. Knapp 30 Prozent der Länder sehen keine Veränderung, fast die Hälfte von ihnen sind Länder der Region Asien-Pazifik. Mehr als die Hälfte (57 Prozent) gibt an, dass die Teilnehmerrate gestiegen ist.
Die Finanzierung der Erwachsenenbildung ist aber generell unzureichend. So gaben nur 28 Prozent der Länder an, dass die Ausgaben für lebenslanges Lernen seit 2015 mit Blick auf den Anteil am Bildungsbudget gestiegen sind. Länder mit niedrigem Einkommen haben eher einen Rückgang als einen Anstieg vermeldet.
«Die Botschaft dieses Berichts lautet, dass, obwohl das Potenzial weithin anerkannt ist, Erwachsenenbildung und -weiterbildung weit unten auf der Agenda der meisten Mitgliedstaaten stehen. Die Beteiligung ist lückenhaft, die Fortschritte mangelhaft und die Investitionen unzureichend», monieren die Autoren.
Der Bericht lobt explizit das Arbeitslosenversicherungsschutz- und Weiterbildungsstärkungsgesetz, das Deutschland 2016 verabschiedet hat. Das Gesetz hat unter anderem zum Ziel, dass geringqualifizierte Arbeitnehmer und Langzeitarbeitslose einen verbesserten Zugang zu beruflicher Weiterbildung bekommen. Die Motivation der Teilnehmer wird - zunächst bis 2020 - mit der Zahlung einer Prämie bei bestandener Prüfung gestärkt.
Die Autoren loben ausserdem das Projekt Greta (Grundlagen für die Entwicklung eines anbieterübergreifenden Anerkennungsverfahrens für die Kompetenzen von Lehrkräften in der Erwachsenen- und Weiterbildung). Mit dem Projekt sollen die Qualitätsstandards in der Erwachsenenbildung erhöht werden.
Nach Angaben einer Studie zum Weiterbildungsverhalten in Deutschland, die im August vom Bildungsministerium veröffentlicht wurde, ist die Weiterbildungsbeteiligung gestiegen. Die Quote unter den 18- bis 64-Jährigen liegt im Jahr 2018 bei 54 Prozent. Hochgerechnet haben sich damit 28,1 Millionen 18- bis 64-Jährige an Weiterbildung beteiligt.