Astrazeneca-Impfungen sollen wieder starten

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Deutschland,

Drei Tage nach dem vorläufigen Haltesignal für den Impfstoff von Astrazeneca liegt eine wissenschaftliche Überprüfung vor: Das Mittel kann nun weiter gespritzt werden, jedoch mit ergänzten Informationen.

AstraZeneca
Laut der britischen Regulierungsbehörde für Arzneimittel und Gesundheitsprodukte ist das Risiko, an Covid zu sterben 1000-mal höher, als eine Sinusvenenthrombosen nach der AstraZeneca-Impfung zu entwickeln. - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Die vorsorglich gestoppten Corona-Impfungen mit dem Präparat von Astrazeneca sollen in Deutschland wieder starten - aber mit einem neuen Warnhinweis zu möglichen Nebenwirkungen.

Ziel sei, dass schon an diesem Freitag wieder begonnen werden könne, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Donnerstagabend nach einem Votum der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) und Beratungen mit den Ländern. Die EMA hatte zuvor die Sicherheit des Impfstoffes bekräftigt. Es werde aber eine extra Warnung vor möglichen seltenen Fällen von Blutgerinnseln (Thrombosen) in Hirnvenen hinzugefügt.

Spahn sagte, das Aussetzen sei notwendig gewesen, um Sicherheit zu bekommen. Dies zeige, dass die Bürger darauf vertrauen könnten, dass sorgfältig geprüft werde. Ärzte ohne diese Informationen weiterimpfen zu lassen, wäre schwer zu verantworten gewesen. Das festgestellte Risiko werde weiterhin als geringer angesehen als die Folgen, die Nicht-Impfen habe. Wichtig für das Vertrauen sei aber «informiertes Impfen». In die Aufklärungsbögen für Patienten solle schnellstmöglich das Risiko bei Frauen unter 55 Jahre eingefügt werden. Ärzte könnten eine erfolgte Aufklärung dazu vorerst auch handschriftlich ergänzen.

Der Präsident des für Impfstoffe zuständigen Paul Ehrlich-Instituts (PEI), Klaus Cichutek, sagte: «Es ist klargestellt, es handelt sich um ein sehr seltenes Ereignis, und es ist klargestellt, dass insofern die Impfungen weiterhin ein positives Nutzen-Risiko-Profil tragen und weitergeimpft werden kann.» Die Länder-Gesundheitsminister sprachen sich einstimmig für eine Fortsetzung ab Freitag aus. «Das ist ein gutes Signal für alle Menschen, die sich gegen das Coronavirus impfen lassen wollen», sagte der Vorsitzende Klaus Holteschek (CSU) aus Bayern. Die Länderminister stünden auch hinter dem vorübergehenden Impfstopp mit Astrazeneca, betonte er. «Sicherheit geht vor.»

Der Impfstoff kam nachdem Auffälligkeiten in einigen Ländern auf den Prüfstand. In Deutschland gibt es inzwischen 13 gemeldete Fälle von Hirnvenen-Thrombosen in zeitlichem Zusammenhang zu Impfungen mit dem Präparat, wie das Gesundheitsministerium mitteilte. Drei Patienten seien gestorben. Insgesamt handele es um zwölf Frauen und einen Mann im Alter zwischen 20 und 63 Jahren. Die Bundesregierung stoppte den Einsatz von Astrazeneca am vergangenen Montag nach einer Empfehlung des PEI - damals gab es sieben Fälle. Trotz insgesamt mehr als 1,6 Millionen Impfungen sei dies überdurchschnittlich häufig.

Die EMA erklärte, sie sehe keine erhöhten Gesundheitsgefahren und empfahl die Fortsetzung der Impfungen. «Der Impfstoff ist sicher und effektiv gegen Covid-19, und die Vorteile sind wesentlich grösser als die Risiken», sagte EMA-Chefin Emer Cooke am Donnerstag in Amsterdam nach einer Sondersitzung des Sicherheitsausschusses. Es gebe keine Hinweise darauf, dass die Impfungen die Vorfälle verursacht hätten. Dennoch sei es nicht ausgeschlossen. Daher würden die Prüfungen und Studien auch fortgesetzt. Experten der EMA hatten alle Daten der Fälle gemeinsam mit dem Hersteller des Impfstoffes, Experten für Bluterkrankungen sowie Gesundheitsbehörden geprüft.

Astrazeneca ist als dritter Corona-Impfstoff zugelassen worden und spielt eine wichtige Rolle in der gesamten Impfstrategie der EU. Der britisch-schwedische Hersteller hat zwar Lieferschwierigkeiten, dennoch sind 70 Millionen Dosen für das zweite Quartal vorgesehen. Weil das Präparat nicht so stark gekühlt werden muss, kann es auch gut von Hausärzten gespritzt werden. Verfügbar sind daneben auch die schon zuvor zugelassenen Präparate von Biontech/Pfizer und Moderna.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder wollen sich am Freitag zu einem «Impfgipfel» per Telefonkonferenz zusammenschalten. Beraten werden soll auch über den Zeitplan für einen breiten Impfstart in Praxen. Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern peilen diesen Übergang spätestens für die Woche vom 19. April an. Zu klären ist dafür auch, wie verfügbarer Impfstoff zwischen Praxen und den regionalen Impfzentren der Länder aufgeteilt werden soll. Spahn sagte, mit dem Beginn der Astrazeneca-Impfungen am Freitag gelte es nun, vier verstrichene Tage aufzuholen.

Nach Kritik wegen knapper Mengen und überlasteten Termin-Hotlines werden in den nächsten Monaten grössere Impfstoffmengen erwartet. Im zweiten Quartal sollen 40,2 Millionen Dosen von Biontech/Pfizer kommen. Von Astrazeneca waren bisher 16,9 Millionen Dosen vorgesehen. Dazu sind 6,4 Millionen Dosen von Moderna eingeplant. Zudem wird wohl in der zweiten Aprilhälfte der Lieferbeginn des inzwischen ebenfalls zugelassenen Präparats von Johnson & Johnson erwartet.

Auch in Frankreich soll Astrazeneca nach der Empfehlung der EMA ab Freitag wieder gespritzt werden. Spanien will voraussichtlich ab Dienstag wieder starten. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hatte vor voreiligen Schlüssen aus einem vorübergehenden Impfstopp gewarnt. «In Impfkampagnen ist es Routine, potenzielle unerwünschte Ereignisse zu melden. Das bedeutet nicht notwendigerweise, dass die Ereignisse mit der Impfung in Verbindung stünden.

Beim Impfen gibt es einen Wettlauf gegen die Zeit: Eine dritte Corona-Welle zeichnet sich deutlicher ab. Das Robert Koch-Institut (RKI) schätzt das Wachstum als exponentiell ein. Die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner stieg erneut. Bundesweit lag diese Sieben-Tage-Inzidenz laut RKI am Donnerstag bei 90 - und damit erneut höher als am Vortag (86,2). Die Gesundheitsämter meldeten dem RKI binnen eines Tages 17.504 Corona-Neuinfektionen - gut 3000 mehr als am Donnerstag der Vorwoche.

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