Entsetzen in der Politik nach rechtsextremer Eskalation am Reichstagsgebäude

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Deutschland,

Die rechtsextreme Eskalation vor dem Berliner Reichstagsgebäude am Rande der Corona-Proteste hat für Entsetzen in der Politik gesorgt.

Demonstranten und Polizisten vor dem Reichstagsgebäude
Demonstranten und Polizisten vor dem Reichstagsgebäude - AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • Steinmeier spricht von «unerträglichem Angriff auf das Herz unserer Demokratie».

«Reichsflaggen und rechtsextreme Pöbeleien vor dem Deutschen Bundestag sind ein unerträglicher Angriff auf das Herz unserer Demokratie», erklärte am Sonntag Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. «Das werden wir niemals hinnehmen.» Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) forderte eine harte Antwort des Staates. Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) sah sich angesichts des ursprünglich angestrebten Verbots der Corona-Proteste bestätigt.

Am Samstagabend hatten am Rande der Corona-Proteste mehrere hundert rechtsextreme Demonstranten die Treppe des Reichstagsgebäudes gestürmt. Steinmeier erklärte, wer sich über die Corona-Massnahmen ärgere oder ihre Notwendigkeit anzweifele, könne das tun, auch öffentlich und in Demonstrationen. «Mein Verständnis endet da, wo Demonstranten sich vor den Karren von Demokratiefeinden und politischen Hetzern spannen lassen.» Steinmeier dankte den Polizisten in Berlin, die in schwieriger Lage «äusserst besonnen» gehandelt hätten.

Bundesjustizministerin Lambrecht sagte den Funke-Zeitungen: «Gegen diese Feinde unserer Demokratie müssen wir uns mit aller Konsequenz zur Wehr setzen.» Der demokratische Rechtsstaat garantiere das Recht seiner Bürger, friedlich zu demonstrieren. «Wer aber den Bundestag attackiert und Reichsflaggen schwenkt, zeigt nichts als Hass auf die Demokratie und Verachtung für alles, was unser Land ausmacht.»

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) sagte im ZDF, sie sei «wütend» über die Bilder vom Samstagabend und darüber, dass hier das Demonstrationsrecht «missbraucht worden ist für Nazi-Propaganda». SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz sagte am Sonntag in Berlin, es dürfe «nicht hingenommen werden, dass solche Symbole aus dunkler Vergangenheit als Flaggen vor dem Reichstag erscheinen». Der Rechtsextremismus in Deutschland dürfe «nicht unterschätzt» werden.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sagte der «Bild am Sonntag», Meinungsvielfalt sei ein «Markenzeichen einer gesunden Gesellschaft». Die Versammlungsfreiheit habe aber «dort ihre Grenzen, wo staatliche Regeln mit Füssen getreten werden».

Grünen-Chef Robert Habeck nannte den Angriff auf den Sitz des Bundestags einen «Angriff auf die Demokratie selbst». Er sagte der Funke-Mediengruppe: «Dass Nazis mit Reichskriegsflaggen versuchen, den Bundestag zu stürmen, erinnert an die dunkelsten Zeiten deutscher Geschichte.»

Die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel erklärte, der «Missbrauch des Reichstagsgebäudes für politische Auseinandersetzungen auf der Strasse ist inakzeptabel».

Zugleich wurden Forderungen nach einem besseren Schutz des Reichstagsgebäudes laut. Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz kritisierte im NDR eine unzureichende Vorbereitung auf derartige Aktionen. CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak verlangte in der Zeitung «Welt», das Schutzkonzept staatlicher Gebäude auf den Prüfstand zu stellen.

Neben dem versuchten Sturm auf das Reichstagsgebäude war es auch an der russischen Botschaft Unter den Linden zu rechtsextremen Ausschreitungen gekommen. Polizisten wurden mit Steinen und Flaschen beworfen. Es gab allein hier 200 Festnahmen, darunter der für seine Verschwörungstheorien bekannte Vegan-Koch Attila Hildmann.

Der überwiegende Teil der Demonstranten, die den gesamten Samstag in Berlin unterwegs waren, verhielt sich friedlich. Innensenator Geisel bezifferte die Teilnehmerzahl auf insgesamt bis zu 38.000. Nachdem ein Demonstrationszug wegen Missachtens der Abstandsregeln von der Polizei am späten Vormittag am Start gehindert worden war, fand am Nachmittag eine Grosskundgebung an der Siegessäule statt. Sie war von der Initiative Querdenken 711 unter dem Titel «Fest für Frieden und Freiheit» angemeldet worden. Hier gab es laut Geisel «offenbar ein Bemühen, die Abstandsregeln einzuhalten».

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