Putin ordnet 36-stündige Waffenruhe in Ukraine für Freitag und Samstag an
Russlands Präsident Wladimir Putin hat eine 36-stündige Waffenruhe in der Ukraine während des orthodoxen Weihnachtsfests angekündigt.
Das Wichtigste in Kürze
- Kritik aus Ukraine und mehreren westlichen Ländern an Moskau.
Gemäss dem Appell des russisch-orthodoxen Patriarchen Kirill habe Putin eine Feuerpause am Freitag und Samstag angeordnet, teilte der Kreml am Donnerstag mit. Die Ukraine bezeichnete das umgehend als «reine Propaganda-Geste». Auch aus Deutschland, Grossbritannien und den USA kam deutliche Kritik an Moskau.
Dem Kreml zufolge soll die russische Armee an der gesamten Front ab 10.00 Uhr (MEZ) am Freitag bis Samstag um 22.00 Uhr (MEZ) die Kämpfe einstellen. «Angesichts der Tatsache, dass eine grosse Anzahl von Bürgern, die sich zur Orthodoxie bekennen, in den Kampfgebieten lebt, fordern wir die ukrainische Seite auf, einen Waffenstillstand zu erklären und ihnen die Möglichkeit zu geben, an Heiligabend sowie am Tag der Geburt Christi an Gottesdiensten teilzunehmen», erklärte der Kreml.
Die Ukraine reagierte mit Kritik: Präsident Wolodymyr Selenskyj bezeichnete Putins Ankündigung als «Ausrede», die das Ziel habe, «zumindest den Vormarsch unserer Truppen im Donbass zu stoppen und Ausrüstung sowie Munition zu bringen und Männer näher an unsere Stellungen heranzurücken». Weiter erklärte er: «Was wird das Ergebnis sein? Mehr Tote.»
Der ukrainische Präsidentenberater Mychailo Podoljak forderte, Russland müsse «die besetzten Gebiete verlassen – nur dann wird es eine 'vorübergehende Waffenruhe' geben. Er sprach zudem von einer "reinen Propaganda-Geste».
US-Präsident Joe Biden wertete die von Putin angeordnete Waffenruhe in Washington als Versuch Moskaus, sich eine Atempause zu verschaffen. Putin sei am 25. Dezember und Neujahr dazu bereit gewesen, «Krankenhäuser und Kindergärten und Kirchen zu bombardieren», sagte Biden am Donnerstag in Washington. «Ich denke, er versucht gerade, sich etwas Luft zu verschaffen», sagte Biden.
Auch Bundesaussenministerin Annalena Baerbock (Grüne) äusserte sich kritisch. «Eine sogenannte Feuerpause bringt den Menschen, die unter russischer Besatzung in täglicher Angst leben, weder Freiheit noch Sicherheit», schrieb Baerbock bei Twitter. Putin wolle offenbar «den Krieg fortsetzen, nach kurzer Unterbrechung». Wenn Putin Frieden wollte, würde er «seine Soldaten nach Hause holen, und der Krieg wäre vorbei», erklärte Baerbock. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bezeichnete die von Putin angekündigte Waffenruhe in der Sendung «RTL Direkt» als «wenig glaubhaft».
Der britische Aussenminister James Cleverly erklärte, die angekündigte russische Waffenruhe würde «nichts dazu betragen, die Aussichten auf Frieden zu verbessern». Russland müsse seine Streitkräfte «dauerhaft abziehen, seine illegale Kontrolle über ukrainisches Territorium aufgeben und seine barbarischen Angriffe auf unschuldige Zivilisten beenden», forderte Cleverly auf Twitter.
Es ist das erste Mal seit Beginn der russischen Offensive in der Ukraine, dass Moskau eine vollständige Waffenruhe in dem Land ankündigt. Putin reagierte damit auf einen Appell des 76-jährigen russischen Patriarchen Kirill, der um eine solche Feuerpause während des orthodoxen Weihnachtsfests gebeten hatte, das in beiden Ländern gefeiert wird. Kirill ist ein vehementer Unterstützer Putins und dessen Politik und predigt gegen Kiew und den Westen.
In einem Telefonat hatte zudem der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan Putin nach Angaben seines Präsidialamts dazu aufgefordert, einen «einseitigen» Waffenstillstand in der Ukraine zu erklären. Der türkische Staatschef wollte am Donnerstag auch noch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sprechen.
Erdogan nutzte bereits in der Vergangenheit seine guten Beziehungen zu Moskau und Kiew, um in dem Konflikt zu vermitteln. So half die Türkei dabei, das von der UNO unterstützte Getreideabkommen auf den Weg zu bringen.