Erste Freitagsdemo in Algerien seit Festlegung des Wahltermins
Tausende Algerier haben am Freitag ihrem Unmut erneut Luft gemacht: Mit Massenprotesten verliehen sie ihrer Forderung nach einem radikalen politischen Umbruch Ausdruck.
Das Wichtigste in Kürze
- Polizei setzt Tränengas und Wasserwerfer ein.
Es war die erste Freitags-Grossdemo seit der Verkündung eines Termins für die Präsidentschaftswahlen. Dabei warfen einige Demonstranten Steine und Flaschen nach den Sicherheitskräften. Die Polizei setzte Tränengas ein.
In Online-Netzwerken war zu dem Protest unter dem Motto «Sie werden alle gehen» aufgerufen worden. Nach dem erzwungenen Rücktritt von Präsident Abdelaziz Bouteflika stören sich die Demonstranten unter anderem an der Einsetzung seines langjährigen Weggefährten Abdelkader Bensalah als Interimspräsident.
Bensalah hatte am Mittwoch den Wahltermin auf den 4. Juli festgelegt und «transparente» Wahlen angekündigt. Viele vor allem junge Demonstranten sehen darin aber nur die Fortsetzung eines bestehenden Systems. «Ich werde nicht wählen. Wozu auch?», sagte der 22-jährige Walid in der Hauptstadt Algier.
Der Protest blieb grossteils friedlich. Vor dem Hauptpostamt, dem zuletzt wichtigsten Versammlungsort, kam es jedoch zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Der Zugang zu dem alten Postgebäude in der Hauptstadt Algier war abgeriegelt worden. Der Polizei gelang es aber nicht, die Demonstranten fernzuhalten.
Als die Sicherheitskräfte versuchten, die Menge auseinanderzutreiben, warfen mehrere hundert Jugendliche mit Steinen und Flaschen und verbarrikadierten sich hinter Mülltonnen. Die Polizei setzte Tränengas und Wasserwerfer ein. Mindestens ein Polizeiauto wurde in Brand gesteckt, bei einem weiteren warfen Jugendliche die Scheiben ein. Mehrere Demonstranten wurden leicht verletzt. AFP erfuhr von Sicherheitskräften, dass zudem fünf Polizisten verletzt worden seien.
Was als Protest gegen Präsident Bouteflika begann, ist innerhalb von zwei Monaten zu einer Demonstration gegen die gesamte algerische Führungselite geworden. Die Demonstranten bemängeln, Wahlen könnten innerhalb des Systems, zu dem Bouteflika gehörte, weder frei noch fair sein. Der einflussreiche Armeechef Ahmed Gaïd Salah wies die «unrealistischen Slogans» der Protestbewegung zurück.