Balkanländer wie Albanien und Montenegro hoffen wie die Ukraine auf eine Zukunft in der EU. Ist das realistisch? Bei einem Gipfeltreffen in Brüssel gibt es zum Thema klare Ansagen.
Das traditionelle Gruppenfoto der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union und der westlichen Balkanstaaten in Brüssel.
Das traditionelle Gruppenfoto der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union und der westlichen Balkanstaaten in Brüssel. - Omar Havana/AP/dpa

Die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten haben ihre Kollegen aus den sogenannten Westbalkanländern zu entschlossenen Reformen für eine zügige Annäherung an die Europäische Union aufgerufen. In einer am Mittwochabend bei einem Gipfeltreffen in Brüssel verabschiedeten Erklärung heisst es, die Beschleunigung des EU-Beitrittsprozesses liege in beiderseitigem Interesse.

Das zunehmend komplexe geostrategische Umfeld mit Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine und der Krise im Nahen Osten gefährde die europäische und globale Sicherheit und verdeutliche, wie wichtig die strategische Partnerschaft zwischen der EU und dem Balkan sei.

Als wichtige Reformbereiche werden in der Erklärung die Rechtsstaatlichkeit und die Wirtschaft genannt. Zudem betont die EU, dass es Anstrengungen zur Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität sowie einer verstärkten Unterstützung zum Beispiel der Menschenrechten und der Geschlechtergleichstellung bedürfe. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betonte nach dem Treffen, dass an Reformen auch zusätzliche Investitionen aus der EU gekoppelt seien. Die sei das Prinzip.

Zuletzt keine grossen Fortschritte

Eingeladen zu dem Gipfel waren die Staats- und Regierungschefs der Länder Albanien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Serbien, Nordmazedonien und dem Kosovo. Sie alle gelten als sogenannte Westbalkan-Länder – ein politischer Kunstbegriff. Grundsätzlich will die Europäische Union alle enger an sich binden. Grosse Fortschritte wurden zuletzt allerdings trotz finanzieller Unterstützung in Milliardenhöhe nicht registriert.

Als am weitesten im Beitrittsprozess wird in Brüssel Montenegro gesehen. Mit einer EU-Erweiterung wird allerdings derzeit frühestens gegen Ende des Jahrzehnts gerechnet. Mit Montenegro und Serbien führt die EU bereits seit 2012 beziehungsweise 2014 Beitrittsverhandlungen. Albanien, Nordmazedonien und Bosnien-Herzegowina haben den Status eines Beitrittskandidaten, sind aber bislang noch nicht in Verhandlungen. Das Kosovo ist potenzieller Beitrittskandidat.

Orban will Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine blockieren

Überschattet wurde der Gipfel von der Entscheidung des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban, vorerst EU-Entscheidungen für einen Start von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine zu blockieren. An diese ist derzeit auch eine Vorentscheidung für den Start von Beitrittsverhandlungen mit dem Balkanland Bosnien-Herzegowina geknüpft.

Im Anschluss an das Balkan-Treffen kommen die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten an diesem Donnerstag und Freitag zum letzten regulären EU-Gipfel des Jahres zusammen. Bei ihm soll es um die Frage gehen, ob mit der Ukraine und Moldau EU-Beitrittsverhandlungen aufgenommen werden sollten. Zudem soll über Pläne für eine Überarbeitung des EU-Haushaltsplans für die Jahre 2021-2027 gesprochen werden. Für Deutschland wird Bundeskanzler Olaf Scholz zu den Gipfeltreffen in Brüssel erwartet.

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