EU macht Balkanstaaten keine Hoffnung auf schnellen Beitritt
Das Wichtigste in Kürze
- Die Chancen auf EU-Beitritte für Westbalkanländer sind trotz EU-Gipfel nicht gewachsen.
- Die Nähe von Serbiens Präsident Vucic zu China scheint gar die Verhandlungen zu hemmen.
Die Europäische Union macht Balkanländern wie Serbien, Montenegro und Albanien weiter nur vage Hoffnungen auf eine Aufnahme. Beim EU-Westbalkan-Gipfel bestätigten die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten zwar ihre «uneingeschränkte Unterstützung für die europäische Perspektive des westlichen Balkans».
Einen Zeithorizont für eine mögliche EU-Erweiterung fehlte allerdings in der Abschlusserklärung für den wegen der Corona-Krise als Videokonferenz organisierten Gipfel. Die zum Teil seit Jahren laufenden Beitrittsverhandlungen fanden sogar nicht einmal Erwähnung.
Stattdessen betonen die EU-Staaten, dass zusätzliche Unterstützung für den Balkan abhängig von spürbaren Fortschritten bei der Einhaltung von EU-Werten sei. Zudem forderte die EU mit deutlichen Worten eine grössere Wertschätzung ihrer bisherigen Unterstützung. Die Hilfe der EU gehe weit über das hinaus, was andere Partner regional geleistet hätten, heisst es in der Erklärung. Diese Tatsache verdiene öffentliche Anerkennung.
Serbien dank China für Corona-Hilfe
Die EU spielt damit unter anderem auf Kritik des serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic an. Dieser hatte im März für Aufsehen gesorgt, als er mit Blick auf die Corona-Krise erklärte: «Die europäische Solidarität gibt es nicht, sie war ein Märchen.» Zugleich pries Vucic das Engagement Chinas, dessen Flagge er demonstrativ küsste bei der Ankunft eines Hilfsfluges.
Die EU-Erklärung weist darauf hin, dass die EU den Westbalkanstaaten zur Krisenbewältigung mehr als 3,3 Milliarden Euro bereitstellen will. «Die Europäische Union hat ein beispielloses Finanzpaket mobilisiert», kommentierte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in der Abschlusspressekonferenz zum Gipfel.
Bosnien-Herzegowina und Kosovo bleiben EU-Spitzenkandidaten
Zu den Westbalkanstaaten werden neben Serbien und Montenegro die Länder Albanien, Nordmazedonien, Bosnien-Herzegowina sowie das Kosovo gezählt. Mit Montenegro und Serbien führt die EU bereits offizielle Beitrittsverhandlungen. Die Aufnahme von Gesprächen mit Albanien und Nordmazedonien wurde jüngst nach monatelangen EU-internen Diskussionen beschlossen. Bosnien-Herzegowina und das Kosovo gelten bislang lediglich als potenzielle Kandidaten für Verhandlungen.
Vor allem Länder wie Frankreich und die Niederlande stehen Beitrittsverhandlungen mit den Balkanstaaten eher kritisch gegenüber. Sie verweisen auf schleppende Reformfortschritte und sehen zum Teil auch die EU selbst nicht als reif für eine weitere Erweiterungsrunde.
Länder wie Deutschland befürchten allerdings, dass sich die Balkanstaaten verstärkt Ländern wie Russland, China oder der Türkei zuwenden könnten. Somit wären Reformen für mehr Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Gefahr. Dies gilt als problematisch, weil die Balkanstaaten inmitten der EU liegen und an Mitgliedsländer wie Griechenland, Ungarn und Kroatien grenzen.