Veranstalter: 270.000 Menschen beim Klimastreik in Berlin
Tanz, Trommeln und Blockaden: Für einen entschiedeneren Kampf gegen die Erderwärmung sind in Deutschland und rund um den Globus am Freitag Hunderttausende auf die Strasse gegangen.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Zulauf in Deutschland war auch in anderen Städten gross: In Köln waren es laut Veranstalter 70.000, in Hamburg laut Polizei 70.000.
Nach Angaben der Jugendbewegung Fridays for Future demonstrierten in der Bundeshauptstadt deutlich mehr Menschen für Klimaschutz als zunächst angenommen. «In Berlin sind heute im Rahmen von FridaysForFuture ca. 270.000 Menschen auf der Strasse», twitterte das Bündnis als Mitveranstalter am Freitagnachmittag. «Diese Gesellschaft ist beim Klimaschutz so viel weiter als ihre Regierung.»
Der Zulauf in Deutschland war auch in anderen Städten gross: In Köln waren es laut Veranstalter 70.000, in Hamburg laut Polizei 70.000. In München und Hannover beteiligten sich gut 25.000 Menschen, und selbst in kleineren Städten wie Münster und Freiburg waren es rund 20.000. Fridays for Future erklärte, 1,4 Millionen Menschen hätten in der Bundesrepublik demonstriert.
Insgesamt waren mehr als 570 Aktionen und Demonstrationen in ganz Deutschland angemeldet. Auf Plakaten waren Slogans zu lesen wie «Ihr habt verschlafen, wir sind aufgewacht», «Hört auf, uns zu verKOHLEn», «Kurzstreckenflüge nur für Bienen» oder «Dieser Planet wird heisser als mein Freund». In Berlin standen drei Menschen auf abtauenden Eisklumpen unter einem Galgen - mit einer Schlinge um den Hals.
In Hamburg wie auch in anderen Städten verliefen die Proteste absolut friedlich, wie ein Polizeisprecher sagte. Die vom Verfassungsschutz beobachtete Interventionistische Linke hatte «Verkehrsblockaden und radikale Aktionen» am Rande des Klimastreiks angekündigt.
In Freiburg hatten sich neben Jugendlichen auch viele Erwachsene versammelt. «Das ist ein eindrucksvolles und starkes Signal der Bürger», sagte Oberbürgermeister Martin Horn (parteilos). Fridays for Future hat diesmal explizit nicht nur Schüler und Studenten, sondern auch Arbeitnehmer aufgerufen, sich an dem globalen «Klimastreik» zu beteiligen.
Vereinzelt wurden von Gruppen wie Extinction Rebellion Strassen blockiert, unter anderem in Frankfurt und Berlin. In Frankfurt drangen Protestierer in die Paulskirche ein. Für die internationale Streikwoche, die nun begonnen hat, haben Aktivisten Proteste in mehr als 2900 Städten in mehr als 160 Staaten angekündigt.
«Wir sind keine «ungeduldigen jungen Menschen», wie Frau Merkel gerade sagt. Sondern eine Gesellschaft, die sich wie nie zuvor aufmacht und echte Klimapolitik einfordert», twitterte Luisa Neubauer, eines der bekanntesten deutschen Gesichter von Fridays for Future. Die Grossdemonstration rund um das Brandenburger Tor war am Freitagnachmittag noch im Gange.
Auf das Klimapaket der Bundesregierung reagierte Fridays for Future auf Twitter mit Kritik. Luisa Neubauer schrieb: «Während Hunderttausende klimastreiken, einigt sich die GroKo anscheinend auf einen Deal, der in Ambitionen und Wirksamkeit jenseits des politisch und technisch Machbaren liegt.» Und weiter: «Das ist heute kein Durchbruch, das ist ein Skandal.»
Für Deutschland fordert Fridays for Future unter anderem, schon bis Jahresende alle Subventionen für fossile Energieträger wie Öl und Kohle zu streichen, ein Viertel der Kohlekraft abzuschalten und eine Steuer auf Treibhausgasemissionen zu erheben. Die Bewegung bekommt breite Unterstützung. Mit dabei sind Umwelt- und Entwicklungsorganisationen wie Greenpeace und Brot für die Welt, aber auch die Evangelische Kirche, die Gewerkschaft Verdi und der Deutsche Kulturrat.
Auch viele Bürger wünschen sich ein Umsteuern in der Klimapolitik. Laut ARD-«Deutschlandtrend» sind knapp zwei Drittel der von Infratest-dimap befragten Bundesbürger (63 Prozent) der Meinung, dass der Klimaschutz Vorrang haben sollte, selbst wenn dies dem Wirtschaftswachstum schadet.