Frankreich bietet «Strom-Wetterbericht» im Krisenwinter an
Im Atomstromland Frankreich ist mit Stromengpässen zu rechnen: Viele AKWs sind derzeit nicht am Netz. Jetzt führt die Regierung einen Strom-Wetterbericht ein.
Das Wichtigste in Kürze
- Rund die Hälfte der 56 Kernkraftwerke in Frankreich ist derzeit nicht am Netz.
- Aus diesem Grund sind auch im Atomstromland Frankreich Engpässe zu erwarten.
- Mit einem Strom-Wetterbericht möchte die Regierung den Bürgern beim Stromsparen helfen.
Mit Vorgaben für weniger Licht, Warmwasser und Heizung in öffentlichen Gebäuden und auch Fussballstadien will Frankreich den anstehenden Krisenwinter überstehen. Dies optimalerweise ohne befürchtete Unterbrechungen der Energieversorgung.
Der nationale Energiesparplan, den die Regierung am Donnerstag vorstellte, setzt auch auf die Mithilfe der Bevölkerung beim privaten Verbrauch. Damit die Menschen wissen, wann das Stromnetz besonders belastet ist, bietet Frankreich einen sogenannten Strom-Wetterbericht an. So wissen Verbraucher, wann sie die Waschmaschine oder den Trockner besser nicht einschalten sollten.
Vorab wurden die Medien gebeten, den Energiesparplan der Regierung zu begleiten. Mehrere grosse Medien, insbesondere Radio und Fernsehen, verpflichteten sich, mit ihren Wetterprogrammen ein «Energiewetter» zu verknüpfen. In diesem wird der Spannungszustand des Netzes mithilfe grüner, gelber und roter Farbcodes dargestellt. Das berichtete die Zeitung «Le Parisien».
Die Hoffnung ist, vier von fünf Menschen auf dem Wege zu erreichen. Mit einer Anpassung des Stromkonsums soll die Bevölkerung Versorgungsunterbrechungen vermeiden helfen. Informationen zur Belastung der Stromnetze stellt der nationale Netzversorger RTE auch unter dem Motto «écoWatt» ins Internet.
Bei einem grünen Symbol ist der Stromkonsum im Lot. Bei Gelb ist das System belastet. Bei Rot drohen Versorgungsunterbrechungen, wenn der Verbrauch nicht heruntergefahren wird.
Menschen aufgefordert, Konsum zu senken
Dann sind die Menschen aufgefordert, ihren Verbrauch zwischen 8:00 und 12:00 Uhr sowie zwischen 18:00 und 20:00 Uhr zu senken. Etwa indem sie ihre Kleidung zu einem anderen Zeitpunkt waschen oder mit dem Gericht aus dem Backofen noch eben warten. Frankreich solle in diesen Momenten nicht zum Stillstand kommen, sondern den Verbrauch etwas herunterfahren, hiess es.
Die befürchteten Versorgungsengpässe im Atomstromland Frankreich hängen damit zusammen, dass viele der AKW derzeit nicht am Netz sind. Denn der in die Jahre gekommene Kraftwerkspark des nationalen Energiekonzerns EDF schwächelt. An rund der Hälfte der 56 AKW werden im Moment Wartungsarbeiten durchgeführt.
Noch ist offen, ob die Ermahnung der Regierung, umgesetzt werden kann. Diese hatte verlangt, dass bis zum Winter möglichst alle Kraftwerke wieder am Laufen sein sollten. Frankreich setzt auf Stromlieferungen aus Deutschland und will dem Nachbarn mit Gas aushelfen. Ausserdem ging in Lothringen nahe Saarbrücken in diesen Tagen das vorletzte Kohlekraftwerk Frankreichs befristet wieder in Betrieb.
Warmwasserkonsum wird aus der Ferne eingeschränkt
Für einige Überraschung sorgt eine weitere Massnahme, die an einen Science-Fiction-Film erinnert: Um einen Blackout zu verhindern, wird der Netzbetreiber RTE aus der Ferne in den Warmwasserkonsum eingreifen. Davon sind rund 4,3 Millionen Haushalte in Frankreich betroffen.
Betroffen davon ist, wer bereits einen automatischen Stromzähler, «Linky» genannt, installiert bekommen hat. Ausserdem muss dafür auch ein Stromvertrag mit unterschiedlichen Tarifen zu Schwachlast- und Hochverbrauchszeiten vorhanden sein. Das Erzeugen von Warmwasser in der Wohnung wird zwischen 12:00 Uhr und 14:00 Uhr unmöglich.
Wie «Le Parisien» berichtete, wird der Umfang der Schwachlastzeiten zwischen Mitte Oktober und Mitte April reduziert. «Linky» übermittelt nicht nur Verbrauchsdaten. Das Gerät kann auch aus der Ferne den Befehl entgegennehmen, das Aufheizen des Warmwasserreservoirs zu bestimmten Zeiten nicht vorzunehmen.
Die Warmwasseraufbereitung mache 10 bis 14 Prozent des häuslichen Stromverbrauchs aus, begründet der Netzbetreiber den Schritt.