Frankreich will Ärztegeheimnis bei Gewalt gegen Frauen lockern
Aus einem Plan der französischen Regierung geht hervor, dass die ärztliche Schweigepflicht gelockert werden soll, um so Gewalt gegen Frauen zu unterbinden.
Das Wichtigste in Kürze
- Frankreich möchte das Arztgeheimnis bei Gewalt gegen Frauen lockern.
- In diesem Jahr wurden in Frankreich 117 Frauen von ihren Lebensgefährten getötet.
Zum internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen hat Frankreich unter anderem eine Lockerung der ärztlichen Schweigepflicht angekündigt. Ausserdem wurde eine Verschärfung der Gesetze gegen Gewalttäter angesagt.
Das geht aus einem 30-Punkte-Plan hervor, den Premierminister Edouard Philippe heute Montag in Paris vorstellte. Es gehe darum, «Leben zu retten», sagte Philippe. Frauenrechtlerinnen reagierten enttäuscht auf die Ankündigungen
Schweigegelübde künftig brechbar
Künftig sollten französische Ärzte ihr Schweigegelübde brechen können, wenn «unmittelbare Gefahr für das Opfer besteht». Das heisst es in dem Plan der Regierung, dem rund zweimonatigen Beratungen mit Frauenverbänden folgt. Bisher schlägt bei häuslicher Gewalt in nur fünf Prozent der Fälle das Gesundheitspersonal Alarm.
Die Regierung will es den Opfern zudem ermöglichen, direkt im Krankenhaus Anzeige zu erstatten, wie sie zuvor bereits angekündigt hatte.
Die Staatssekretärin für Gleichstellung, Marlène Schiappa, kündigte zudem die Einrichtung von speziellen «Männerhäusern» an. In den «Männerhäusern» sollen die Gewalttäter aufgenommen werden, damit nicht die Frauen die gemeinsame Wohnung verlassen müssen. Einem Mann, der seine Frau getötet hat, soll das Sorgerecht für die gemeinsamen Kinder zudem künftig automatisch aberkannt werden.
Psychologische Betreuung gefordert
Bereits zu Beginn der sogenannten «Generalstände» gegen häusliche Gewalt hatte die Regierung tausend zusätzliche Plätze in Frauenhäusern in Aussicht gestellt.
Nach Ansicht von Hilfsorganisationen wären mindestens doppelt so viele nötig. Die betroffenen Frauen müssten aber nicht nur untergebracht, sondern auch psychologisch betreut werden, erklärte die Fédération nationale Solidarité Femmes FNSF.
Die Regierung beziffert die verschiedenen Massnahmen auf rund 360 Millionen Euro. Frauenrechts-Organisationen hatten dagegen einen «Marshall-Plan» mit bis zu einer Milliarde Euro an Hilfen verlangt.
Die Aktivistinnen beklagen eine hohe Zahl sogenannter «Femizide», also Tötungen von Frauen durch ihren Lebensgefährten. Nach Recherchen der Nachrichtenagentur AFP gab es in diesem Jahr mindestens 117 Femizide in Frankreich.
Diskussion seit Monaten
Die Feministin Caroline De Haas von dem Kollektiv #NousToutes (Wir alle) äusserte sich auf Twitter «angewidert» von den Ankündigungen. Die Regierung wolle im kommenden Jahr nicht mehr Geld ausgeben als bisher, um der Gewalt gegen Frauen entgegenzutreten, erklärte sie.