Ausfuhren brechen im Juni ein - magere Halbjahresbilanz
Die Serie trüber Konjunkturdaten aus Deutschland reisst nicht ab. Globale Konflikte hinterlassen inzwischen deutliche Spuren - auch beim Export.
Das Wichtigste in Kürze
- Der exportorientierten deutschen Wirtschaft schwinden angesichts internationaler Handelskonflikte allmählich die Kräfte.
Im Juni brach die Ausfuhr von Waren «Made in Germany» gegenüber dem Vorjahresmonat um 8,0 Prozent ein. In den ersten sechs Monaten gab es nur noch ein mageres Plus von 0,5 Prozent auf 666,1 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte. «Die weltweiten politischen und wirtschaftlichen Turbulenzen zeigen jetzt ihre Auswirkung», sagte Holger Bingmann, Präsident des Aussenhandelsverbandes BGA am Freitag.
Bislang hätten die Aussenhändler die zahlreichen Risiken noch gut abfedern können. «Es zeichnet sich jedoch immer deutlicher ab, dass dies nicht über das gesamte Jahr gelingen wird», sagte Bingmann. «Zu gross sind einfach die Anzeichen für einen weltweiten konjunkturellen Abschwung, zu schwer wiegen Handelskonflikte und Wirtschaftsnationalismus, der sich immer weiter ausbreitet.» Für das Gesamtjahr rechnet der BGA aber weiter mit einem Wachstum des Exportvolumens um 1,5 Prozent. Im vergangenen Jahr waren es noch 3 Prozent.
Die Ausfuhren nach China brachen im Juni um 12,4 Prozent ein, im Geschäft mit den USA gab es einen Rückgang um 7,0 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Die beiden grössten Volkswirtschaften der Welt, die sich seit mehr als einem Jahr einen erbitterten Handelsstreit liefern, zählen zu den wichtigsten Einzelmärkten für deutsche Waren.
Im ersten Halbjahr stiegen die Ausfuhren in die beiden Länder allerdings jeweils noch um gut 4 Prozent. Das erstaunt auf den ersten Blick. «Es sind nicht die direkten, sondern die indirekten Folgen des Handelskonflikts, die die deutschen Exporte belasten», erläuterte Carsten Brzeski, Chefvolkswirt Deutschland, der Bank ING. Die deutschen Ausfuhren litten aktuell unter der globalen Unsicherheit, «die auch viele europäische Volkswirtschaften lähmt.» Die Europäische Union ist die grösste Absatzregion für Waren aus deutscher Produktion.
Erst in dieser Woche hatte eine neue Runde im Handelskrieg zwischen den USA und China für Aufregung gesorgt. Nur wenige Tage nach der Ankündigung neuer Strafzölle durch US-Präsident Donald Trump wertete China seine Währung ab. Den Vorwurf der USA, die Volksrepublik manipuliere ihre Währung mit dem Ziel eigener Vorteile im Welthandel, wies Peking zurück. Ein globaler Abwertungswettlauf bei Währungen hätte erhebliche negative Auswirkungen auf die Weltwirtschaft.
Der Konflikt sowie andere von US-Präsident Donald Trump angeheizte Streitigkeiten bremsen das Wachstum des globalen Handels. Die Weltbank sagte zuletzt ein Plus von nur noch 2,6 Prozent für dieses Jahr voraus. Das wäre der schwächste Anstieg seit der Finanzkrise.
Die Entwicklung des Aussenhandels reiht sich ein in eine Serie schwacher Konjunkturdaten. So war die Industrieproduktion im Juni erneut gesunken. Die Stimmung in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft trübte sich weiter ein. Zahlreiche Unternehmen korrigierten ihre Prognosen für dieses Jahr zuletzt nach unten.
Ökonomen rechnen damit, dass Europas grösste Volkswirtschaft im zweiten Quartal gegenüber dem Vorquartal nicht mehr gewachsen, sondern möglicherweise gar geschrumpft ist. Zugleich haben sich die Aussichten für die kommenden Monate eingetrübt. Eine erste Schätzung zur Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes von April bis Juni veröffentlicht das Statistische Bundesamt am kommenden Mittwoch (14.8).
Gegenüber dem Vormonat sanken die Exporte im Juni um 0,1 Prozent, die Einfuhren nahmen hingegen um 0,5 Prozent zu. Im ersten Halbjahr stiegen die Importe um 3,0 Prozent auf 556,2 Milliarden Euro.
Der deutsche Handelsbilanzüberschuss verringerte sich von 20,6 Milliarden Euro im Vormonat auf 16,8 Milliarden Euro im Juni. Deutschland exportiert seit Jahren mehr als es einführt. Das ist insbesondere US-Präsident Trump ein Dorn im Auge. Aber auch Organisationen wie der Internationale Währungsfonds (IWF) sehen die Überschüsse kritisch.