Zehntausende Demonstranten bei der 13. Auflage der «Gelbwesten»-Proteste
Zehntausende Menschen haben am 13. Protest-Wochenende der «Gelbwesten»-Bewegung in Frankreich gegen die Politik der Regierung von Präsident Emmanuel Macron demonstriert.
Das Wichtigste in Kürze
- Demos von Gewalt überschattet - Mann verliert bei Zusammenstössen vier Finger.
Bei gewaltsamen Zusammenstössen zwischen Demonstranten und Polizei vor der Nationalversammlung in Paris verlor ein Fotograf der «Gelbwesten» am Samstag nach Angaben der Polizei vier Finger. Landesweit beteiligten sich laut Innenministeriums mehr als 51.000 Menschen an den Protesten, davon 4000 in Paris.
Der an der Hand schwerverletzte Mann wurde von Rettungskräften abtransportiert. Ein Augenzeuge, der die Szene gefilmt hatte, gab an, die Verletzung rühre von einer Blendgranate her. Mit der Granate hätten die Sicherheitskräfte versucht, die Demonstranten vom Parlamentsgebäude in Paris zurückzudrängen, sagte der Augenzeuge Cyprien Royer der Nachrichtenagentur AFP. Bei dem Verletzten handle es sich um einen Fotografen der «Gelbwesten».
Der Mann habe die auf Höhe seiner Wade heranfliegende Granate mit der Hand abwehren wollen, «sie explodierte, als er sie berührte», sagte Royer. Sanitäter berichteten, die Hand des Mannes sei regelrecht abgerissen worden. Der russische Fernsehsender RT zeigte Bilder, die dies zu belegen schienen.
Die Polizei erklärte, dem Opfer seien vier Finger abgetrennt worden. Zur Ursache der Verletzung gab es zunächst keine offiziellen Informationen. Der Zwischenfall habe sich zugetragen, als Sicherheitskräfte Demonstranten vom Eindringen auf das Parlamentsgrundstück abzuhalten versucht hätten, hiess es lediglich. Die genauen Umstände würden untersucht.
Die 4000 Demonstranten in Paris marschierten vom Triumphbogen über die Champs-Elysées in Richtung Eiffelturm. Während die meisten von ihnen friedlich demonstrierten, kam es entlang der Route vereinzelt zu weiteren Zwischenfällen. Demonstranten warfen Gegenstände auf die Einsatzkräfte, die zum Teil mit Tränengas und Gummigeschossen antworteten. Bushaltestellen, Geldautomaten und Schaufenster wurden zerstört.
Etwa ein Dutzend Fahrzeuge wurden angezündet, zumeist Luxus-Autos, aber auch ein Fahrzeug der Anti-Terror-Mission «Sentinelle». Die Pariser Polizei zählte 39 Festnahmen. 21 Menschen befanden sich den Angaben zufolge am Samstagabend noch in Haft. Zusammenstösse wurden auch aus dem südfranzösischen Toulouse gemeldet. Innenminister Christophe Castaner brachte im Kurzbotschaftendienst Twitter seine «Empörung und Abscheu» über die «unerträglichen Attacken» zum Ausdruck.
Landesweit gingen laut Innenministerium 51.400 Menschen auf die Strasse, etwa in Dijon, Metz und Marseille. Die Beteiligung an den seit fast drei Monaten anhaltenden Protesten war zuletzt zurückgegangen. Am vorangegangenen Samstag gingen laut Innenministerium 58.600 Menschen auf die Strasse; die «Gelbwesten» selbst sprachen allerdings von 116.000 Demonstranten. Zum Start der Protestbewegung waren es Mitte November noch mehr als 280.000 gewesen.
Dieses Mal richteten sich die Proteste auch gegen ein geplantes Gesetz, das erleichterte Demonstrationsverbote und harte Strafen für Vermummte vorsieht. Einige Aktivisten hatten dazu aufgerufen, sich nun erst recht zu vermummen.
Castaner prangerte Stimmungsmache gegen Vertreter des Staates an. «Vielleicht ist es Zeit, mit der Gewalt aufzuhören», sagte der Innenminister am Samstag bei einem Besuch im nordfranzösischen Arcueil. «Vielleicht ist es an der Zeit, das systematische Infragestellen von Repräsentanten der Demokratie, das systematische Infragestellen von unseren Ordnungskräften zu beenden.»
Castaner reagierte damit auf einen versuchten Brandanschlag auf das Haus des Präsidenten der französischen Nationalversammlung, Richard Ferrand, am Freitagabend. An einem «kriminellen Ursprung» dieses Vorfalls gebe es «keinen Zweifel», erklärte Ferrand, der Macrons Partei La République en Marche (Die Republik in Bewegung) angehört.
Die «Gelbwesten»-Proteste setzen Macron schwer zu. Er machte den Demonstranten bereits Zugeständnisse in Milliardenumfang und leitete einen Bürgerdialog ein. Der 56-jährige Bernard, einer von tausenden Demonstranten in Lyon, sagte am Samstag: «Die grosse Debatte ist ja schön, aber wir wollen Konkretes, weniger Steuern, mehr Kaufkraft. Wir werden hier jeden Samstag des Jahres sein, wenn es nötig ist.»