Georgiens Stimmzettel: Teilweise Neuauszählung angeordnet
Nach Protesten gegen das Wahlergebnis in Georgien soll es eine teilweise Neuauszählung der Stimmzettel geben. 14 Prozent der Wahllokale solle überprüft werden.
Die zentrale Wahlkommission Georgiens hat eine teilweise Neuauszählung der Stimmzettel angekündigt. Laut «Deutsche Welle» werden «in etwa 14 Prozent der Wahllokale, die landesweit zufällig ausgesucht werden, die Stimmen erneut ausgezählt».
Die Wahlkommission hatte zunächst die Regierungspartei Georgischer Traum mit 53,9 Prozent der Stimmen zum Sieger erklärt. Das pro-westliche Oppositionsbündnis erreichte demnach 37,7 Prozent.
Die Opposition bezeichnet die offiziellen Ergebnisse als «gefälscht» und fordert Neuwahlen. Der Entscheidung zur Neuauszählung waren Massenproteste gegen das offiziell verkündete Wahlergebnis vorausgegangen.
Massenproteste gegen mutmasslich gefälschte Stimmzettel
Zehntausende Menschen gingen auf die Strassen, um gegen mutmasslichen Wahlbetrug zu protestieren. Auch die pro-europäische Präsidentin Salome Surabischwili beteiligte sich an den Demonstrationen.
In einem Gespräch mit dem Radiosender RFI bekräftigte sie ihre Einschätzung zur Wahlmanipulation und erklärte: «Die Methode ist russisch.»
Sie berichtete von mehrfacher Stimmabgabe mit denselben Personalausweisen. Zudem habe es Bargeldverteilungen nahe Wahlbüros und Probleme bei der elektronischen Wahl gegeben.
Victor Orbán gratuliert Regierungspartei
Auch Wahlbeobachter der OSZE, des Europarats, des Europaparlaments und der NATO äusserten Zweifel am offiziellen Ergebnis. Die Vereinigten Staaten und die Europäische Union sprachen von «Unregelmässigkeiten».
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán hingegen sieht in der ersten Auswertung der Stimmzettel kein Problem. Die «Tagesschau» berichtet, dass Orban «gleich als erster nach Georgien gereist» sei, um zu gratulieren.
EU-Beitritt ungewiss
Die EU-Kommission reagierte zurückhaltend auf die Vorwürfe des Wahlbetrugs; sie hatte die Beitrittsverhandlungen mit Georgien bereits im Juni ausgesetzt.
Kommissionssprecherin Nabila Massrali erklärte in Brüssel: «Wir warten gespannt auf die endgültigen Berichte der OSCE-Wahlbeobachter und ihre Empfehlungen».
Michael Roth, aussenpolitischer Sprecher der SPD im Bundestag, kritisierte die EU-Haltung als enttäuschend. Im «Deutschlandfunk» sagte er: «Es war allein die Regierungspartei, die diese Wahlen gefälscht hat».
Richtungsweisende Wahl
Die Parlamentswahl gilt als richtungsweisend für die ehemalige Sowjetrepublik. Die Regierungspartei Georgischer Traum hält offiziell am EU-Beitrittsplan fest, gleichzeitig bemüht sie sich um eine Annäherung an Russland.
Opposition und Präsidentin Surabischwili streben derweil eine klare EU-Integration an und wollen das Land aus dem russischen Einflussbereich lösen. Die politische Zukunft Georgiens bleibt nach dieser umstrittenen Wahl ungewiss.