Grapsch-Urteil sorgt in Italien für grosse Empörung

Jemanden weniger als zehn Sekunden lang «kurz begrapschen» ist kein sexueller Übergriff. Dieses Urteil eines italienischen Gerichts sorgt für Empörung.

Sexuelle Belästigung SP, chefredaktor
Ein Urteil zu sexueller Belästigung in Italien sorgt für Empörung. (Symbolbild) - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • In Italien sorgt derzeit ein Gerichtsentscheid für grosse Empörung.
  • Angeklagt war ein Hausabwart, der einer 17-Jährigen in die Hose gefasst haben soll.
  • Er wurde freigesprochen, mit der Begründung, es habe weniger als zehn Sekunden gedauert.

Ein Gerichtsfall wegen eines sexuellen Übergriffs sorgt in Italien derzeit für grosse Empörung: In den sozialen Medien kritisieren zahlreiche Menschen die Entscheidung eines Richters.

So soll ein Schul-Hausabwart (66) einer 17-jährigen Schülerin auf einer Treppe in die Hose gefasst und ihren Po berührt haben.

Ein Gericht sprach den Mann jedoch frei, weil der Übergriff «weniger als zehn Sekunden» gedauert habe. Deswegen sei er zwar «ungeschickt, aber frei von lüsternen Absichten», heisst es in dem Urteil.

Empörung nach Grapsch-Urteil gross

Das Urteil hat eine riesige Kritikwelle ausgelöst. Unter dem Hashtag #10secondi (Deutsch: zehn Sekunden) posten Menschen bei Instagram und Tiktok zahlreiche Videos. Darin zeigen sie, wie lang ein solches «palpata breve» (Deutsch: kurzes Begrabschen) sein kann.

Zehn Sekunden lang läuft eine Stoppuhr, während die Frauen und Männer in die Kamera schauen und intime Körperteile berühren. Den Anfang machte der für seine Rolle in «The White Lotus» bekannte italienische Schauspieler Paolo Camilli.

Der Fall ereignete sich der Zeitung «Corriere della Sera» zufolge im April 2022. Die Schülerin ging mit einer Freundin die Treppe hinauf, um zum Unterricht zu gehen. Dabei spürte sie, wie jemand für fünf bis zehn Sekunden von hinten in ihre Hose und unter ihren Slip griff.

Der Hausmeister gab dem Bericht zufolge später zu, das Gesäss der 17-Jährigen berührt zu haben. Er äusserte aber, er habe ihr nicht unter die Hose gegriffen und «aus Spass» gehandelt.

Opfer nach Urteil bestürzt

Das Gericht sprach ihn dann vom Vorwurf der sexuellen Nötigung frei. Sein Handeln stelle kein Verbrechen dar, wie der «Corriere della Sera» aus der Urteilsbegründung zitierte.

Die Schülerin zeigte sich darüber bestürzt. «Das war, zumindest für mich, kein Scherz», sagte sie der Zeitung am Mittwoch. «Ein alter Mann sollte nicht so mit einem Teenager umgehen.»

Sie fügt hinzu: «Er hat mich begrapscht und dann hochgezogen – und mir damit im Intimbereich wehgetan. Es war lang genug, dass ich seine Hände gespürt habe.»

Sie fühlt sich im Stich gelassen – sowohl von ihrer Schule als auch vom italienischen Justizsystem. «Das ist keine Gerechtigkeit.»

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