Halbjährliche Spritze verhindert HIV-Infektion – Trendwende?
Eine HIV-Infektion muss heute nicht mehr tödlich enden, Therapien ermöglichen ein weitgehend normales Leben. Doch Ziel bleibt, Infektionen zu vermeiden.
Ein halbjährlich gespritztes Medikament soll nach Forscherangaben eine HIV-Infektion zuverlässig verhindern. Die Studie, die im «New England Journal of Medicine» (NEJM) veröffentlicht und auf der Welt-Aids-Konferenz in München vorgestellt wurde, weckt damit grosse Hoffnungen im Kampf gegen Aids.
Zugleich wird die Forderung an das Pharmaunternehmen Gilead laut, die Herstellung preisgünstiger Generika zuzulassen, um das Mittel vor allem in den stark von HIV betroffenen Gegenden des Globalen Südens kostengünstig zugänglich zu machen. Das Mittel Lenacapavir ist in mehreren Ländern bisher nur zur HIV-Therapie zugelassen.
Keine einzige Infektion
An der Studie waren rund 5338 Mädchen und junge Frauen in Südafrika und Uganda beteiligt, die ursprünglich HIV-negativ waren. Unter den gut 2134 Teilnehmerinnen, die zweimal im Jahr Lenacapavir unter die Haut gespritzt bekamen, gab es keine einzige Infektion.
In den beiden anderen Gruppen mit rund 3200 Teilnehmerinnen, die zwei unterschiedliche Medikamente zur oralen Präexpositionsprophylaxe (PrEP) erhielten, gab es hingegen insgesamt 55 HIV-Infektionen. Sharon Lewin, Präsidentin der Internationalen Aids-Society (IAS) sprach von einem bahnbrechenden Fortschritt.
Druck auf Hersteller
Der Hersteller Gilead ist nun zunehmend mit der Forderung konfrontiert, das Medikament speziell in Ländern des Globalen Südens schnell und günstig verfügbar zu machen – und so zum weltweit bis 2030 angestrebten Ende der HIV-Epidemie beizutragen. Nach wie vor infizieren sich weltweit jährlich 1,3 Millionen Menschen neu mit dem Virus, jede Minute stirbt ein Mensch an den Folgen von Aids.
Am Rande der Welt-Aids-Konferenz forderten Aktivisten, kostengünstige Generika zuzulassen. Der Gilead-Preis von Lenacapavir soll laut Forschern aus Liverpool und NGOs – darunter Ärzte ohne Grenzen – in den USA bei 40'000 US-Dollar pro Jahr liegen.
Die UNAIDS-Exekutivdirektorin Winnie Byanyima sprach bei der Eröffnung der Aids-Konferenz von einem «Wundermittel», das dringend für Menschen in Asien, Lateinamerika und Afrika bereitgestellt werden müsse. Es sei möglich, das Medikament zu Kosten von 100 US-Dollar oder weniger zur Verfügung zu stellen.
Hoffnung für junge Frauen im südlichen Afrika
Vor allem junge Frauen in Afrika als besonders von HIV betroffene Gruppe könnten von dieser Art der Prävention profitieren. Laut UNAIDS infizieren sich wöchentlich weltweit 4000 junge Frauen, mehr als 3000 davon im Subsahara-Afrika. Teils werden Frauen wegen der Einnahme der bisher gebräuchlichen täglichen oralen Präexpositionsprophylaxe (PrEP) mit Pillen diskriminiert, etwa weil angenommen wird, sie seien infiziert.