Hat sich Matteo Salvini mit der Koalitions-Auflösung verschätzt?
Matteo Salvini will Neuwahlen, und zwar so schnell als möglich. Doch seine alleinigen Regierungsambitionen könnten jäh gestoppt werden.
Das Wichtigste in Kürze
- Nach dem Koalitionsbruch von Matteo Salvini drohen Italien erneut Neuwahlen.
- Eine Allianz von Salvini-Gegnern könnte die Machtübernahme von Salvini verhindern.
- Noch-Regierungschef Giuseppe Conte wird wohl bald seinen Rücktritt einreichen.
Wie weiter in Italien? Nachdem der italienische Innenminister Matteo Salvini die Regierungskoalition zwischen Lega und Fünf-Sterne-Bewegung quasi platzen liess, steht Italien kurz vor Neuwahlen.
Klar ist eines: Lega-Chef Salvini will selber Regierungschef werden. Und die Chancen stehen gut, dass er es auch wird – sollte es in Italien zu Neuwahlen kommen.
Doch derzeit scheint es, dass es ausserhalb der Lega zu einem Bündnis kommen könnte. Dies mit dem Ziel, den Rechtspopulisten zu verhindern. So schrieb der Gründer der Fünf-Sterne, Beppe Grillo, in seinem Blog: Jetzt gelte es, den «neuen Barbaren» den Weg zu versperren. Für seine Partei ginge es ums Überleben: «Unsere Bewegung ist zwar biologisch abbaubar, doch das heisst nicht, dass wir Kamikazen sind.»
Lega hat noch keine Mehrheit im Parlament
Hintergrund ist, dass derzeit seine Bewegung mit 227 Sitzen im Abgeordnetenhaus und 112 im Senat die stärkste Kraft ist. Die Lega ist hingegen nur drittstärkste Kraft. Doch dies dürfte sich bei Neuwahlen ändern.
Dann könnte Salvinis Lega mit Abstand zur stärksten Macht in Italien werden. Die Fünf Sterne hingegen drohen in der Versenkung zu verschwinden.
«Mit den Cinque Stelle? Nie!», hiess es noch vor wenigen Wochen bei Ex-Premier Matteo Renzi. Doch die Gefahr in ein Abdriften in den Autoritarismus scheint den Sozialdemokraten zum Umdenken bewogen haben.
Dem «Corriere della Sera» sagte er, man könne das Land doch nicht für fünf Jahre Salvini überlassen. Und offenbar überlegt man auch bei Silvio Berlusconis Forza Italia, den rechten Aufsteiger zurückzustutzen, wie die «Süddeutsche Zeitung» schreibt.
Hat sich Matteo Salvini verschätzt?
Hat sich Matteo Salvini also ganz einfach verschätzt, als er letzte Woche Italiens Politik mit dem Koalitionsbruch brüskierte? Und dies kurz vor dem Abschied der Politiker in die lange Sommerpause. War er ganz einfach verblendet von den zahlreichen Chören, die ihm zujubelten. Den langen Warteschlangen, die sich für ein Selfie mit dem «Capitano» jeweils gebildet haben.
Wahrscheinlich ist, dass die Neuwahlen nicht so schnell kommen, wie das Matteo Salvini gerne hätte. Doch sollte es zu einer Anti-Salvini-Regierungskoalition kommen, könnte dies die Popularität von Salvini nochmals befeuern.
Wie weiter im Süden?
Die Präsidentin des Senats, Elisabetta Casellati, hat für heute Montagnachmittag eine Sitzung der Fraktionsvorsitzenden einberufen. Es soll entschieden werden, wann die Parlamentarier aus der Sommerpause zurückkehren müssen, um über die Regierung abzustimmen. Als möglicher Termin gilt der 20. August.
Aus logistischen Gründen könnten Neuwahlen wohl nicht vor Ende Oktober stattfinden. Und kommt es zu Neuwahlen, wird dies auch das Erstellen des Haushaltsplan 2020 verkomplizieren. Dieser muss die Regierung bis Ende September vorlegen, will sie einen erneuten Streit mit Brüssel verhindern.
Klar ist: Noch-Regierungschef Giuseppe Conte wird seinen Rücktritt trotzdem bei Staatspräsident Sergio Mattarella einreichen müssen. Dies, da die Regierungskoalition offensichtlich zerbrochen ist. Doch Mattarella könnte daraufhin dem parteilosen Conte erneut den Regierungsauftrag erteilen. Bringt dieser eine konsensfähige Koalition zusammen, wäre Matteo Salvini ausgebotet.