Das Hochwasser bedroht weiter Teile Deutschlands. Während der Dauerregen anhält, wächst die Sorge vor Deichbrüchen.
Sandsäcke liegen entlang des Flusses Helme an der Talsperre Kelbra. Die Hochwasserlage ist weiterhin kritisch. Foto: Matthias Bein/dpa
Sandsäcke liegen entlang des Flusses Helme an der Talsperre Kelbra. Die Hochwasserlage ist weiterhin kritisch. Foto: Matthias Bein/dpa - sda - Keystone/dpa/Matthias Bein

Es regnet und regnet, und die Gefahr von Deichbrüchen wächst mit jedem Tag. Bis Samstag soll der Dauerregen in Teilen Deutschlands nun noch andauern. Ursprünglich hatte der Deutsche Wetterdienst (DWD) seine Warnungen bis Donnerstagnacht herausgegeben, doch am Mittwoch wurden sie verlängert.

«Land unter» heisst es vor allem im Nordwesten Deutschlands: Das Bundesland Niedersachsen, der Süden Sachsen-Anhalts und der Norden Thüringens meldeten Überschwemmungen auf grossen Flächen. Wie gross die Fläche insgesamt ist, lässt sich kaum abschätzen.

Ministerpräsident nennt Lage «kritisch, aber stabil»

Niedersachsen und Bremen haben bereits seit vor Weihnachten mit Überschwemmungen zu kämpfen – bundesweit ist die Lage am schlimmsten. «Wir haben eine Lage, die in den letzten Tagen immer wieder mit drei Worten zusammengefasst werden konnte: kritisch, aber stabil», sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil. Er sprach von «gewaltigen Wassermassen».

In Niedersachsen seien deutlich mehr als 100 000 Helferinnen und Helfer im Einsatz, sagte Weil. Er appellierte an Unternehmen, sie weiterhin von ihrer eigentlichen Arbeit für die Bewältigung der Hochwasserlage freizustellen. Dieser Appell gelte für die kommenden Tage und notfalls auch in der nächsten Woche.

Laut zuständigem Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz seien bislang 1,9 Millionen eingelagerten Sandsäcken abgerufen worden. Inzwischen werde zudem auf die Reserven von Sandsäcken aus anderen deutschen Bundesländern zurückgegriffen.

Wie lange halten die Deiche?

Schlimmeres haben die Deiche verhindert, die den Wassermassen bisher standhalten. Die Frage ist, wie lange noch? Torsten Schlurmann ist der Leiter des Ludwig-Franzius-Instituts für Wasserbau, Ästuar- und Küsteningenieurwesen an der Leibniz Universität Hannover.

Er erklärt: «Bislang haben wir keine Deichbrüche gesehen, da der technische Hochwasserschutz gut funktioniert. Die Deiche schützen vor Hochwasser hinreichend gut, solange sich Wasser nicht über längere Zeit an ihnen staut».

Deichstärke hängt von vielen Faktoren ab

Die Standfähigkeit eines Deiches hängt laut Schlurmann von vielen verschiedenen Faktoren ab. Unter anderem gehe es um den Gradienten zwischen dem Druck durch den Wasserstand im Fluss und der Landseite des Deiches. Auch das Material des Deiches und auf welchem Untergrund dieser stehe, beeinflusse dessen Widerstandskraft.

Eine wichtige Aufgabe der Einsatzkräfte sei es daher, die Deiche stetig zu beobachten. Dies gelinge twa durch Deichläufer am Boden oder mithilfe von Drohnen aus der Luft.

Experten fordern Umdenken

Von den Wassermassen bedroht sind auch mehrere Orte entlang der Helme, die durch Thüringen und Sachsen-Anhalt fliesst. Angefordert wurden Bundeswehrsoldaten. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hatte angekündigt, sich ein Bild von der Lage in Sachsen-Anhalt machen zu wollen. In Niedersachsen war er bereits.

Experten fordern als Konsequenz aus dem Hochwasser ein Umdenken beim Schutz vor Überschwemmungen in Deutschland. «Im Zuge des Klimawandels, wo sich die Hochwasser-Prozesse ändern werden, werden wir sicher andere Arten von Hochwässern (...) sehen». Dies erklärte der Wissenschaftler Ralf Merz.

Der Hydrologe am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Halle (Saale), betonte im «Deutschlandfunk»: «Solche langen Hochwasser-Ereignisse wird es auch in Zukunft sicher öfter geben». Viele Schäden könnten vermieden werden.

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