Italien: Kompromiss bei umstrittener Justizreform erzielt
Im Streit um eine wichtige Justiz-Reform zur Beschleunigung von Gerichtsverfahren hat Italiens Regierung einen Kompromiss erzielt. Der Ministerrat habe der Strafrechtsreform einstimmig zugestimmt, hiess es am Donnerstagabend in Rom. Der Entwurf von Justizministerin Marta Cartabia ist wichtig, weil er Teil von Zusagen ist, die Italien für den Erhalt der EU-Hilfsgelder aus dem Corona-Wiederaufbaufond gemacht hat. In der Reform geht es um Fristen, nach denen Prozesse in höheren Instanzen verjähren.
Das italienische Justizsystem leidet unter einem grundlegenden Problem: Die Dauer der Prozesse, wie es im Wiederaufbauplan Italiens heisst, den die Regierung von Mario Draghi in Brüssel eingereicht hatte.
Das Ziel sei, die Zeiten bis zu einem Urteil zu reduzieren. Im Schnitt liegt die Dauer, bis die Gerichte in Italien entscheiden, um ein Vielfaches höher als das europäische Mittel.
Der Ministerrat stimmte einer Verlängerung der Verjährungsfrist in der zweiten und dritten Instanz zu. Das heisst, dass ein Prozess in der zweiten Instanz nun drei Jahre dauern darf, in der dritten eineinhalb Jahre, ansonsten wird das Verfahren eingestellt. Diese Fristen können auf Antrag der Richter verlängert werden, wenn die Fälle sehr komplex sind. Verfahren, in denen es um eine lebenslängliche Haftstrafe geht, können nicht verjähren.
Die Regierung einigte sich ausserdem auf mehrere Ausnahmen. In Prozessen etwa um Mafia-Vereinigung, sexuelle Gewalt, Terrorismus und die Untergrabung der demokratischen Ordnung, können die Richter eine ausgedehntere Prozessverlängerung beantragen.
Die Reform muss noch ein Vertrauensvotum im italienischen Zwei-Kammern-Parlament überstehen. Sie soll ab Inkrafttreten bis Ende 2024 gelten.