Mannheim: Messer-Angreifer war Beispiel für gelungene Integration
Der Messer-Angreifer von Mannheim (D) war als Beispiel für eine gelungene Integration bekannt.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Messer-Angreifer von Mannheim kam als Minderjähriger nach Deutschland.
- Er machte seinen Hauptschulabschluss und engagierte sich in der Flüchtlingshilfe.
- Bis zum vergangenen Wochenende galt er als Musterbeispiel für eine gelungene Integration.
Am Freitagmittag attackierte ein 25-Jähriger in Mannheim (D) eine Kundgebung der rechtspopulistischen «Bürgerbewegung Pax Europa». Innerhalb weniger Minuten verletzte der junge Mann sechs Menschen mit einem Messer. Zu den Verletzten gehörte auch ein Polizist, der später seinen Verletzungen erlag.
Seither fragt sich ganz Deutschland: Wer ist der Täter und was bewegte ihn zu seiner Attacke? Der «Spiegel» gibt in einem ausführlichen Bericht einige Antworten zum jungen Täter. Der Polizei oder dem Verfassungsschutz war er demnach bisher nicht als Extremist bekannt.
Offenbar war er auch strafrechtlich noch nie auffällig. Aus hessischen Behördenkreisen heisst es, seine Polizeiakte sei «blütenweiss». Nicht einmal einfache Vergehen wie Ladendiebstahl oder Schwarzfahren seien vermerkt.
Bis zum vergangenen Wochenende wäre der junge Mann laut einem Behördenmitarbeiter noch als Musterbeispiel für einen gut integrierten Flüchtling durchgegangen. Er kam demnach als Minderjähriger nach Deutschland, machte seinen Hauptschulabschluss und engagierte sich sogar ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe.
Täter von Mannheim kam 2013 als Minderjähriger nach Deutschland
Zu seinen ersten Jahren in Deutschland hat der «Spiegel» noch genauere Informationen zusammengetragen. Demnach reiste er im März 2013 als unbegleiteter Minderjähriger zum ersten Mal nach Deutschland. Er beantragte dort Asyl und legte einen afghanischen Reisepass vor, der ihn als 13-Jährigen auswies.
Sein Asylantrag wurde 2014 abgelehnt, er erhielt jedoch aufgrund der Sicherheitslage in Afghanistan ein Abschiebungsverbot. Das ist der niedrigste Schutzstatus, den die deutschen Behörden vergeben.
Fünf Jahre später heiratete der Messerstecher von Mannheim laut Informationen aus Sicherheitskreisen eine aus der Türkei stammende Deutsche. Er bekam mit ihr zwei Kinder, weshalb er eine Aufenthaltserlaubnis erhielt. Der aktuelle Titel ist befristet bis Mitte Juli 2026.
Weiter berichtet der «Spiegel», dass der Mannheim-Messerstecher 2017 seinen erweiterten Hauptschulabschluss machte. Anschliessend soll er für wenige Monate als Helfer im Bereich Papier- und Verpackungstechnik gejobbt haben.
Zuletzt lebte er in einem Hochhaus im hessischen Heppenheim – rund 35 Kilometer von Mannheim entfernt. Das Magazin beruft sich bei diesen Informationen auf Behördenunterlagen.
Islamistischer Hintergrund wahrscheinlich
Warum der junge Mann die Rechtspopulisten-Kundgebung attackierte, ist bislang nicht vollständig geklärt. Die Ermittler halten aber einen islamistischen Hintergrund für wahrscheinlich. Darauf deuten demnach auch Spuren hin, die er im Internet hinterlassen zu haben scheint.
Auf einem YouTube-Kanal, der die Taliban-Flagge als Profilbild verwendete und islamistische Videos veröffentlichte, wurde sein Name entdeckt. Es ist unklar, ob er den Kanal selbst betrieben hat. Am Wochenende wurden die Videos entfernt und das Profilbild durch ein Blumenbild ersetzt.
Eine Nachbarin in dem Hochhaus in Heppenheim berichtete «Spiegel TV», dass der Täter bei ihr geklingelt habe. Dabei habe er ihr einen Koran überreicht. Sie hatte demnach den Eindruck, dass er sie bekehren wollte.
Personen aus seinem Umfeld berichten ausserdem, dass er möglicherweise auch psychisch krank gewesen sein könnte. Laut Informationen des Magazins soll er die Attacke jedoch vorbereitet haben, indem er etwa die Kommunikation von seinem Handy löschte.