Hausärzte starten mit Impfungen
Die einen leben in Bundesländern mit grösseren Impffortschritten - die anderen in Ländern, wo es mehr stockt. Überall aber gilt: Jetzt sind die Menschen nicht mehr unbedingt aufs Impfzentrum angewiesen.
Das Wichtigste in Kürze
- Mit den ersten Corona-Impfungen bei Hausärzten ist der Startschuss für eine deutliche Verbreiterung der Impfkampagne in Deutschland gefallen.
In einigen Regionen begannen die Praxen bereits am Dienstag mit den Impfungen, bei den meisten der 35.000 teilnehmenden Hausärzte soll es in den nächsten Tagen losgehen.
Zunächst steht ihnen aber nur ein überschaubares Angebot zur Verfügung. In der ersten Woche erhalten alle Praxen zusammen 940.000 Impfdosen. Das sind rein rechnerisch gut 26 Dosen pro Praxis. In der Woche vom 26. April gibt es einen deutlichen Schub - dann können die Praxen insgesamt mit mehr als drei Millionen Dosen rechnen.
Mit 15,1 Millionen Impfdosen haben nun 12,7 Prozent der Menschen in Deutschland mindestens eine Erstimpfung. Unter diesem Wert liegt die Quote beim Schlusslicht Sachsen mit 11,2 Prozent, in Mecklenburg-Vorpommern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. Über dem Bundesschnitt liegt Spitzenreiter Bremen mit 15,2 Prozent, es folgen Schleswig-Holstein, das Saarland, Thüringen, Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Berlin und Hamburg. Bayern liegt beim Anteil Geimpfter genau im Bundesschnitt.
Bereits gestartet sind die Impfungen in den Praxen etwa in Nordrhein-Westfalen. Hier wird erst der Impfstoff von Biontech/Pfizer verabreicht, der am Dienstag oder - überwiegend - Mittwoch in den Praxen erwartet wurde. Zusätzlich zum Biontech-Impfstoff geht ab 19. April Astrazeneca, später das Vakzin von Johnson & Johnson an die Praxen.
An die Hausarztpraxen in Baden-Württemberg wird der Impfstoff ab Mittwoch geliefert, wie Sprecher Kai Sonntag von der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) sagte. Wegen der Osterfeiertage verzögere sich die Auslieferung der bestellten Dosen an die Praxen um ein bis zwei Tage. Die Praxen erhielten pro Woche und Arzt aufgrund der noch sehr geringen Liefermengen anfangs 18 Impfdosen. Er kritisierte, dass der Impfstoff weiterhin bevorzugt an die Impfzentren geliefert werde. Die Praxen bekämen nur, was übrig bleibe.
Die Corona-Impfungen in den rheinland-pfälzischen Arztpraxen werden aus Sicht des Hausärzteverbands nur ganz langsam anlaufen. Impfstart sei am Mittwoch. Die saarländischen Arztpraxen konzentrieren sich zunächst auf Schwerkranke und Bettlägerige. Denn vorerst gebe es nur wenige Impfdosen, teilte die Kassenärztliche Vereinigung Saarland mit. Andere Bürger sollten von Nachfragen absehen. Der Hausärzteverband in Hessen geht von ersten Impfungen in den dortigen Praxen am Mittwoch aus.
In Berlin mussten zwei Impfzentren mangels Impfstoff vorübergehend schliessen. Ein Impfstofftransport in die Hauptstadt sei wegen mutmasslich technischer Schwierigkeiten aufgehalten worden. Wieviele Arztpraxen in Berlin zum Start mitmachen, blieb zunächst unklar. In Hamburg, wo die Hausärzte ebenfalls in dieser Woche beginnen, sagte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung, Walter Plassmann: «Das Impfen kehrt dahin zurück, wo es eigentlich hingehört.»
In Sachsen-Anhalt wollten die Apotheken ab Dienstagmittag mit der Auslieferung des Corona-Impfstoffes von Biontech an die Praxen beginnen. Gleiches galt für Brandenburg.
Insgesamt seien die Hausärzte startklar, sagte ihr Verbandschef Ulrich Weigeldt im rbb-Inforadio. Es gebe aber anfangs nur wenig Impfdosen. «Das ist etwas, worüber wir nicht ganz glücklich sind, dass wir zunächst im Schnitt ungefähr 20 Dosen pro Praxis bekommen pro Woche. Das ist ein bisschen wenig.» Allein im April werden mehr als 15 Millionen Dosen hierzulande erwartet. Im zweiten Quartal sollen insgesamt 70 Millionen Dosen anrollen.
Auch für die Hausarztpraxen gilt generell die festgelegte Reihenfolge, wer zuerst geimpft werden kann. Eine zentrale Einladung für die Patienten gibt es nicht. Wie sie Impftermine vergeben, können die Praxen selbst regeln - zum Beispiel per Telefon oder mit Online-Buchungen. Einzelne Ärzte impfen - auch im Zuge von Modellprojekten - schon seit einiger Zeit, in Bayern war vergangene Woche Impfstart in 1635 Praxen.
Nun gerät auch der nächste Schritt der Impfkampagne verstärkt in den Blick. Der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) fordert von der Bundesregierung, die geplanten Impfungen in den Betrieben rasch voranzutreiben, wie Verbandsdirektor Florian Reuther der Deutschen Presse-Agentur in Berlin sagte.
Spahn hatte Ende März gesagt, Betriebsärzte sollten erst nach Hausärzten in die Impfkampagne einsteigen. «Noch ist es zu knapp», sagte er über den verfügbaren Impfstoff. Er finde es schwierig, jüngere Mitarbeiter von Unternehmen zu impfen, solange die Älteren noch nicht geschützt seien.