Liberale Neos beenden Koalitionsgespräche in Österreich
Es wäre eine Premiere in Österreich gewesen: Eine Dreier-Koalition aus konservativer ÖVP, sozialdemokratische SPÖ und liberalen Neos kommt nicht zustande.
Das Wichtigste in Kürze
- In Österreich ist eine sogenannte «Zuckerl-Koalition» gescheitert.
- Seit Mitte November hatten ÖVP, SPÖ und die Neos verhandelt.
- Von den geplatzten Verhandlungen könnte die rechte FPÖ profitieren.
In Österreich ist der Versuch der Bildung einer Dreier-Koalition gescheitert. Die liberalen Neos verkündeten am Vormittag ihren Ausstieg aus den wochenlangen Koalitionsgesprächen mit der konservativen ÖVP und der sozialdemokratischen SPÖ.
Es sei gerade in den vergangenen Tagen zu spüren gewesen, dass trotz vieler Anstösse durch die Liberalen nicht der dringend notwendige Reformwille aufkomme, sagte Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger. Statt einer grossen gemeinsamen Vision für das Land sei eher ein Denken nur bis zum nächsten Wahltermin aufgekommen.
Niemand will mit FPÖ zusammenarbeiten
Seit Mitte November hatten ÖVP, SPÖ und die Neos über ein Regierungsbündnis verhandelt. Es solche Koalition aus drei Parteien wäre eine Premiere in Österreich gewesen.
Die Gespräche waren auch ein Versuch, den klaren Wahlsieger, die rechte FPÖ, von der Macht fernzuhalten. Zwar hätten auch ÖVP und SPÖ eine Mehrheit, aber nur von einer Stimme.
Ende September hatte die rechte FPÖ die Parlamentswahl gewonnen. Da jedoch niemand mit der Partei zusammenarbeiten wollte, wurde über eine sogenannte «Zuckerl-Koalition» verhandelt. Diese Bonbon-Bezeichnung stammt von den Parteifarben türkis (ÖVP), rot (SPÖ) und pink (Neos).
Knackpunkt der Verhandlungen war stets die Planung eines neuen Haushalts. Österreich steckt in einer Wirtschaftskrise und muss gleichzeitig streng sparen, um die EU-Kriterien für finanzielle Stabilität zu erfüllen. Die Balance zwischen einem Sparkurs und Massnahmen, die die Wirtschaft ankurbeln, gilt als Hauptaufgabe einer neuen Regierung.
«Rückwärtsgewandte Kräfte in der SPÖ»
Aus Sicht der ÖVP hat die SPÖ die Hauptverantwortung für die Entwicklung. «Das Verhalten von Teilen der SPÖ hat zur aktuellen Situation geführt. Während sich Teile der Sozialdemokratie konstruktiv eingebracht haben, haben in den letzten Tagen die rückwärtsgewandten Kräfte in der SPÖ überhandgenommen», schrieb ÖVP-Generalsekretär Christina Stocker.
Wie es nun weitergeht, ist unklar. ÖVP und SPÖ könnten auf ihre Mehrheit von nur einer Stimme setzen – oder es kommt zu einer Neuwahl. Dabei könnten die Rechtspopulisten auf einen fulminanten Sieg hoffen. Letzte Umfragen signalisierten ein weiteres grosses Stimmen-Plus im Vergleich zur Nationalratswahl. Danach könnte die FPÖ mit bis zu 40 Prozent rechnen.