Herbert Kickl «schürt Angst»: Koalitionsverhandlungen in Österreich
Der amtierende Kanzler Karl Nehammer stellt abermals klar, dass er mit dem FPÖ-Chef Herbert Kickl nicht koalieren möchte.
Herbert Kickl, der Chef der FPÖ, steht im Zentrum der österreichischen Koalitionsverhandlungen. Nach einem Treffen mit ÖVP-Chef und Kanzler Karl Nehammer erteilte dieser einer Zusammenarbeit eine klare Absage.
«Ich werde nicht der Steigbügelhalter für Herbert Kickl sein», erklärte Nehammer laut «Standard».
Verrat an Wählern
Der Kanzler begründete seine Entscheidung mit Kickls mangelnder Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen.
Er kritisierte dessen Verhalten während der Corona-Krise und seine sicherheitspolitischen Positionen. «Er schürt dadurch Angst», betonte Nehammer.
Kickl reagierte scharf auf Nehammers Ablehnung und warf dem ÖVP-Chef vor, Verantwortung für Österreich zu verweigern. «Sich jetzt nicht in Richtung FPÖ zu bewegen sei ein 'Verrat an den Wählern'», zitiert «DerStandard» den FPÖ-Chef.
Herbert Kickl will «Keil in ÖVP treiben»
Der FPÖ-Chef versuche mit seinen Aussagen, einen Keil in die ÖVP zu treiben, sagt Nehammer. Er appelliert an die «vernünftigen Kräfte» in der Partei, Nehammer nicht allein zu lassen.
Kickl argumentiert hingegen, dass es mehr inhaltliche Übereinstimmungen zwischen FPÖ und ÖVP gebe als zwischen ÖVP und SPÖ.
Um seine Position zu stärken, übergab Kickl Nehammer ein detailliertes Positionspapier. Darin skizziert er mögliche Verhandlungen mit der ÖVP.
«Bis Mitte November könnte man auf Basis des Papieres mit den Gesprächen 'durch sein'», lockt Herbert Kickl laut «DerStandard».
Trotz Kickls Bemühungen zeichnet sich in der ÖVP kein Aufstand gegen Nehammer ab. Für die meisten ÖVP-Mitglieder ist Kickl als Person ein Ausschliessungsgrund für eine Koalition.
Aus «dunkelsten Stunden» lernen
Nehammer untermauerte seine Ablehnung mit historischen und sicherheitspolitischen Argumenten. Laut «SRF» verwies er auf Österreichs NS-Geschichte und russische Geheimdienstaktivitäten.
Er betonte die Notwendigkeit, aus den «dunkelsten Stunden» der Vergangenheit zu lernen. «Seine Rhetorik ist geprägt von Angst und Radikalisierung», kritisierte der Kanzler laut «SRF» weiter.
Nehammer erinnerte an Kickls wohlwollende Haltung gegenüber der als rechtsextrem eingestuften Identitären Bewegung.
Zudem warf Nehammer Kickl vor, als Innenminister für die Zerschlagung der Verfassungsschutzbehörde verantwortlich gewesen zu sein. Dies habe den «Interessen Russlands ein 'Einfallstor geöffnet'», berichtet «SRF».
Welche Koalition entsteht womöglich in Österreich?
Die Absage an Kickl erhöht die Wahrscheinlichkeit von Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und SPÖ. Laut «SRF» gilt eine Koalition dieser beiden Parteien, möglicherweise mit den liberalen Neos, derzeit als wahrscheinlichste Option.
Trotz der klaren Absage an Herbert Kickl hält Nehammer die Tür für eine Koalition mit der FPÖ ohne Kickl offen. Dies erscheint jedoch unwahrscheinlich, da Kickl kaum freiwillig auf den Kanzlerposten verzichten dürfte.
Die FPÖ pocht weiterhin auf einen Regierungsbildungsauftrag – Bundespräsident Van der Bellen hat bisher keiner Partei diesen Auftrag erteilt. Er begründet dies mit einer «Pattsituation» und fordert weitere Gespräche zwischen den Parteien.