Mafia

Mafia profitiert in Neapel von Coronavirus Krise

Simon Binz
Simon Binz

Italien,

Die italienische Wirtschaft ist am Boden: Viele Menschen haben keinen Job, kein Geld und nichts zu Essen. Davon profitieren könnte die Mafia.

Mafia Camorra
Die Mafia in Neapel gibt sich während der Corona-Krise als Wohltäter (Symbolbild). - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • In Süditalien haben Menschen mehr Angst vor dem Hunger als vor dem Coronavirus.
  • Ermittler sagen: Das ist ein gefundenes Fressen für die Organisierte Kriminalität.

Abseits des menschlichen Dramas mit inzwischen mehr als 26'000 Toten droht Italien während der Corona-Krise ein Aufleben der Organisierten Kriminalität.

Experten gehen nämlich davon aus, dass die Mafia die Notlage von armen Italienern ausnutzen könnte.

Mafia Neapel
Italien, Neapel: Zwei mit Nudeln gefüllte Körbe, die an einem Seil befestig wurden, hängen als Zeichen der Solidarität während der Corona-Pandemie in einer Gasse. - dpa

Die Rede ist von einem mafiösen Notfallplan: Wir helfen Menschen in Not, sie sind uns später einen Gefallen, Geld oder beides schuldig.

Besonders die Lage im sozialen Pulverfass Süditalien bereitet Kennern grosse Sorgen.

Kaum Hilfe vom Staat

Das zeigt das Beispiel Neapel. Die Anti-Corona-Massnahmen der Regierung haben dort viele Menschen in eine existenzielle Krise gestürzt. Wie ein Bericht der «Tagesschau» zeigte, haben religiöse Organisationen deshalb alle Hände voll zu tun.

Erwähnt wird dabei etwa die Vereinigung «Tabia Onlus», die jeden Tag hunderte Lebensmittelsäcke für Hilfsbedürftige abpackt und verteilt. Damit werden in der Stadt über tausend Familien versorgt.

SRF Mafia
Laut Mimmo Pazzi, Präsident der Vereinigung «Tabita» in Neapel, sitzen viele in der Stadt auf dem «Trockenen». - Screenshot/SRF

Präsident Mimmo Pazzi erklärt: «Viele Familien in Neapel arbeiten normalerweise Schwarz, durch die Ausgangssperre ist alles blockiert.» Bezüger der Hilfspakete möchten sich kaum vor der Kamera äussern.

Ein Mann spricht etwa mit dem Rücken zum Bild. Er sagt: «Ich arbeite normalerweise Schwarz bei einem Bäcker. Ich habe nichts mehr.» Ein anderer, jüngerer Mann sagt: «Ich muss mit 220 Euro im Monat auskommen.»

Viele Menschen in Neapel fürchten den Hunger mehr als das Virus und sind verzweifelt. Laut Maria, deren Söhne im Gefängnis sitzen, gibt es vom Staat, nämlich kaum Hilfe. Ermittler sagen: Das ist ein gefundenes Fressen für die organisierte Kriminalität.

SRF
Giovanni Russo von der Anti-Mafia-Behörde warnt vor dem Einfluss der Mafia. - Screenshot/SRF

«Die Mafia vergrössert quasi das soziale Kapital, durch wohltätige Netzwerke steigt ihr Einfluss.» Das erklärt Giovanni Russo, stellvertretender Staatsanwalt der nationalen Anti-Mafia-Behörde.

Mafia als Wohltäter?

Die Mafia als Wohltäter? Das wird zum Beispiel bei der Vereinigung «Tabita» nicht direkt verneint. Präsident Pazzi im «Tagesschau-Bericht»: «Ich kann nur sagen, dass viele junge Leute, die sie als Kriminelle bezeichnen, uns unterstützen und Geld spenden.»

Von den Vorwürfen, dass es sich dabei um Mafiosi handle, davon will Pazzi nichts wissen. «Alle rufen jetzt ‹Camorra, Camorra›, ich selbst sehe aber keine Camorra».

Das Beispiel beweist: Die Mafia wird wohl mittel- und langfristig zu den Profiteuren der Corona-Pandemie gehören. Die Menschen in Neapel etwa dürften nämlich kaum einfach so vergessen, wer ihnen in der Krise geholfen hat.

Roberto Saviano Italien
Roberto Saviano (39) ist ein italienischer Autor und Filmemacher. Der Mafia-Experte ist davon überzeugt, dass das Organisierte Verbrechen von der Corona-Krise profitieren wird. - Keystone

Anti-Mafia-Anwalt Russo warnt deshalb auch vor einer Zunahme von «Omertà». «Das Schweigen wird grösser. Nicht aus Angst, sondern aus Dankbarkeit den Clans gegenüber».

Davon zeigt sich auch Bestseller-Autor Roberto Saviano überzeugt. Saviano recherchiert seit Jahren zu den Mafiosi und formulierte es kürzlich so:

«Wenn du Hunger hast und Brot suchst, dann ist es dir egal, aus welchem Ofen es kommt. Wenn du eine Medizin brauchst, dann fragst du dich nicht, wer sie verkauft, du willst sie und Schluss. Eine Wahl hat man nur in Zeiten des Friedens und des Wohlstands.»

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