Matteo Salvini: Sea-Watch-Kapitänin Carola Rackete soll nach Hause
Carola Rackete kommt frei. Die «Sea-Watch»-Kapitänin zeigt sich erleichtert. Italiens Innenminister Matteo Salvini will sie sofort abschieben.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Hausarrest von Sea-Watch-Kapitänin Carola Rackete in Italien wurde aufgehoben.
- Rackete zeigte sich erleichtert und berührt von «der Solidarität der Menschen».
- Italiens Innenminister Matteo Salvini erklärte, dass sie nicht in Italien bleiben dürfe.
Sea-Watch-Kapitänin Carola Rackete ist wieder auf freiem Fuss. Die Ermittlungsrichterin im sizilianischen Agrigent hat den Hausarrest der 31-jährigen Deutschen aufgehoben. Die Nachrichtenagentur Ansa berichtete, es seien keine weiteren freiheitsentziehenden Massnahmen angeordnet worden.
Rackete hat mit Erleichterung auf ihre Freilassung reagiert. «Mich hat die Solidarität, die mir so viele Menschen ausgedrückt haben, berührt», so die Kapitänin am späten Dienstagabend einer Mitteilung einer Sea-Watch-Sprecherin zufolge.
Die Entscheidung, keine freiheitsentziehenden Massnahmen gegen sie zu verhängen, empfinde sie als grossen Gewinn für die Solidarität mit Flüchtlingen, Migranten und Asylbewerbern und gegen die Kriminalisierung der Helfer.
Verfahren wird fortgesetzt
Das Verfahren gegen die Sea-Watch-Kapitänin wird aber trotz der Freilassung fortgesetzt werden. Ihr werden Beihilfe zur illegalen Einwanderung, Verletzung des Seerechts und Widerstand gegen die Staatsgewalt vorgeworfen. Denn: Sie soll sich Anweisungen von Militärschiffen widersetzt haben. Im schlimmsten Fall droht Rackete eine Haftstrafe.
Die «Sea-Watch 3» bleibt nach der Aufhebung des Hausarrests ebenfalls beschlagnahmt. Sea-Watch-Sprecher Ruben Neugebauer sagte gegenüber dem «Spiegel», man wolle notfalls mit einem neuen Schiff die Rettung von Flüchtlingen auf dem Mittelmeer fortsetzen.
Matteo Salvini ist stinksauer
Die Freilassung aus dem Hausarrest kommt vor allem bei Italiens Innenminister Matteo Salvini nicht gut an. Der Chef der rechtspopulistisch-fremdenfeindlichen Lega bezeichnete die Seeretter und auch Rackete direkt als «Kriminelle».
Entsprechend entrüstet machte er umgehend nach der Freilassung der Sea-Watch-Kapitänin klar, dass sie nicht Italien bleiben dürfe. Matteo Salvini will sie des Landes verweisen. Dieser Schritt sei bereits vorbereitet, erklärte er. Die Begründung: Sie stelle eine Gefahr für die nationale Sicherheit dar. Über die Abschiebung müsse jedoch noch die italienische Justiz entscheiden.
Matteo Salvini stellte klar, dass er kein Verständnis für die Entscheidung der Richterin habe. Auf Twitter schrieb er: «Für die italienische Justiz sind das Ignorieren von Gesetzen und das Rammen eines Patrouillenbootes der Finanzpolizei wohl keine ausreichenden Gründe für eine Gefängnisstrafe.»
🔴 Per la magistratura italiana ignorare le leggi e speronare una motovedetta della Guardia di Finanza non sono motivi sufficienti per andare in galera. pic.twitter.com/tPdpo7b7kg
— Matteo Salvini (@matteosalvinimi) July 2, 2019
Erfreute Reaktionen von NGO's
Der deutsche Bundesaussenminister Heiko Maas zeigte sich dagegen «erleichtert» über die Entscheidung der italienischen Justiz. «Ich hoffe, dass die Vorwürfe nun rasch geklärt werden. Der Fall macht erneut deutlich: Wir brauchen endlich eine Lösung für die Verteilung von Geflüchteten, bei der alle EU-Staaten ihren Beitrag leisten», schrieb Maas bei Twitter.
Über die Entscheidung, #CarolaRackete freizulassen, bin ich erleichtert. Ich hoffe, dass die Vorwürfe nun rasch geklärt werden. Der Fall macht erneut deutlich: Wir brauchen endlich eine Lösung für die Verteilung von Geflüchteten, bei der alle EU-Staaten ihren Beitrag leisten. pic.twitter.com/U3Oc3bZVXk
— Heiko Maas 🇪🇺 (@HeikoMaas) July 2, 2019
Auch Amnesty International begrüsste die Aufhebung des Hausarrests. Das Seerecht habe Carola Rackete dazu verpflichtet, Menschen aus Seenot zu retten und in den «nächstgelegenen sicheren Hafen» zu bringen. «Die Entscheidung des Gerichts unterstreicht die Rechtmässigkeit der Arbeit von Seenotrettern und die Bedeutung des Menschenrechtsschutzes», erklärte die Organisation gegenüber der «Bild»-Zeitung.
Wir bei @amnesty_de freuen uns mit @seawatchcrew über die Freilassung ihrer Kapitänin, die verhaftet wurde, weil sie Menschen in Seenot geholfen hat. #freeCarolaRackete #Solidarity https://t.co/HPsC3Q0J5d
— Sara Fremberg (@SaraFremberg) July 2, 2019
Die Verhaftung von Carola Rackete
Carola Rackete war am Samstag mit dem Schiff «Sea-Watch 3» mit 40 Migranten unerlaubt nach Lampedusa gefahren – nach 19 Tagen Irrfahrt auf dem Mittelmeer. Sie wurde festgenommen und auf der sizilianischen Insel unter Hausarrest gestellt.
Ein neues italienisches Sicherheitsdekret stellt das unerlaubte Einfahren nach Italien unter eine Geldstrafe. Die «Sea-Watch 3» wurde beschlagnahmt.
Beim Anlegen hatte die «Sea-Watch» zudem ein Schiff der Finanzpolizei touchiert. Damit handelte sich Rackete den Vorwurf des Widerstands ein. Innenminister Matteo Salvini warf ihr deshalb auch vor, das Leben von italienischen Polizisten gefährdet zu haben.