Montenegro: Proserbischer Kandidat Jakov Milatovic gewinnt
Das Wichtigste in Kürze
- Jakov Milatovic gewinnt die Präsidentschaftswahl in Montenegro gegen den Amtsinhaber.
- Milatovic wird vom proserbischen Lager unterstützt.
- Beobachter rechnen mit einer engen Anbindung an Serbien.
Polit-Neuling Jakov Milatovic hat bei der Stichwahl zum höchsten Staatsamt in Montenegro den prowestlichen Amtsinhaber Milo Djukanovic besiegt. Milatovic wird von dem proserbischen Lager unterstützt, das für eine Vereinigung mit oder eine enge Bindung an Serbien eintritt.
Nach Angaben von Wahlforschern brachte Milatovic 59 bis 60 Prozent der Wähler hinter sich. Djukanovic musste sich demnach mit 40 bis 41 Prozent der Stimmen begnügen.
Milatovic sagte, der Sieg werde Montenegro verändern. Der Weg nach Europa bleibe Priorität. Die Frage ist, welchen aussenpolitischen Weg das kleine Balkanland an der Adria künftig einschlagen wird.
Eine Ära in Montenegro geht zu Ende
Die 30 Jahre zuvor hatte der scheidende Präsident Djukanovic in wechselnden Funktionen die Politik in Montenegro bestimmt: zwei Mal war er Präsident, vier Mal Ministerpräsident. Seine Herrschaft war immer wieder von Korruption, Vetternwirtschaft und Nähe zum organisierten Verbrechen überschattet.
Zu den bleibenden Verdiensten des abtretenden Patriarchen gehört, dass er 1997 mit dem jugoslawisch-serbischen Kriegsherrn Slobodan Milosevic brach. Die Unabhängigkeit Montenegros erzielte er 2006 auf friedlichem Weg, über ein Referendum.
Kritik an Staatsverschuldung
Der gewählte Präsident Milatovic ist erst 36 Jahre alt. Politisch trat er erstmals als Wirtschaftsminister der ersten, kurzlebigen proserbischen Regierung nach 2020 in Erscheinung. Er erhöhte die Löhne massiv, unter anderen durch Streichung der Pflichtbeiträge für die Krankenkassen. Kritiker werfen ihm die Inkaufnahme einer Staatsverschuldung und den Ruin des Gesundheitswesens vor.
Im April 2022 gründeten Milatovic und sein Gesinnungsfreund Milojko Spajic die Partei «Europa Jetzt!».
Enge Anbindung an Serbien erwartet
Beobachter rechnen mit einer engen Anbindung an Serbien. Vor allem könnte dies nach der vorgezogenen Parlamentswahl am 11. Juni eintreten. Das proserbische Lager könnte zusammen nahe an eine Zweidrittelmehrheit gelangen, mit der es die Verfassung ändern könnte.
Dem Schriftsteller Andrej Nikolaidis mache die sich abzeichnende Übermacht des proserbischen Blocks Angst. Das wahre Reformpotenzial von «Europa Jetzt!» lasse sich schwer beurteilen, meinte er am Montag. «Es wäre aber naiv, den Umstand auszublenden, dass diese Gruppierung auf der Woge eines massiven serbischen Nationalismus gross geworden ist», fügte er hinzu.