Muss historische Brücke für eine Mega-Jacht weichen?
Das Wichtigste in Kürze
- Eine historische Brücke in Rotterdam soll womöglich zum Teil abgebaut werden, um die Durchfahrt einer Mega-Jacht zu ermöglichen.
Nach Medienberichten ist der Amazon-Gründer und US-Milliardär Jeff Bezos Auftraggeber des Schiffes für etwa 430 Millionen Euro. Dass die Brücke mit dem Kosename «De Hef» ausgerechnet für einen der Reichsten der Erde weichen soll, sorgt nun für heftige Empörung in der Hafenstadt. Doch noch ist nichts entschieden, sagt Bürgermeister Ahmed Aboutaleb.
Der Bürgermeister sagte am Freitag der Zeitung «Algemeen Dagblad», dass noch gar kein Antrag für den Abbau gestellt worden sei. Vor einer Entscheidung müsse es auch Garantien geben, dass die Brücke nicht beschädigt werde.
Zweitgrösste Segeljacht der Welt
Die Brücke ist zwar mehr als 40 Meter hoch, doch den Berichten zufolge zu niedrig für die Masten des Dreimasters. Er wird auf einer Werft in Alblasserdam im Osten der Stadt gebaut. Schiffsbauer Oceanco ist spezialisiert auf den Bau von Luxus-Jachten. Das angebliche Bezos-Schiff mit dem Projektnamen Y721 soll nach Angaben von Experten 127 Meter lang sein und damit die zweitgrösste Segeljacht der Welt.
Im Sommer sollte das Schiff auf die Nordsee geschleppt werden. Nur ist die Brücke im Weg. Das bewegliche Mittelstück der Brücke soll den Berichten zufolge im Sommer entfernt werden - und nach der Durchfahrt des Schiffes wiederhergestellt werden.
Dennoch reagierten viele Bürger vor allem auf den sozialen Medien empört. Auf Facebook wurde bereits ein Aufruf gestartet, mit «faulen Eiern» zur Brücke zu kommen und die Luxusjacht damit zu bewerfen. «Rotterdam ist aus dem Schutt wiederaufgebaut worden von Rotterdamern, und das nehmen wir nicht einfach so auseinander für das Phallussymbol eines megalomanen Milliardärs», schreibt Initiator Pablo Strörmann. Die einstige Eisenbahnbrücke war als eines der ersten Monumente nach der Bombardierung der Stadt im Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut worden.
Offene Fragen
Aber soweit ist es eben noch nicht. Nach Angaben des Bürgermeisters wurde noch gar kein Antrag bei der Kommune gestellt. Erst wenn der vorliege, würden die Interessen abgewogen. «Die wirtschaftlichen, nämlich das maritime Imago unserer Region, und die technischen: Ist das ohne Schäden möglich? Und wir wollen wissen, ob die Kosten tatsächlich vom Käufer erstattet werden.»
Die Stadt weist auch daraufhin, dass der Schiffsbau viele Arbeitsplätze sichert. Der Bau von Superjachten boomt in den Niederlanden.
Die fast einhundert Jahre alte Koningshaven-Brücke über der Maas steht unter Denkmalschutz. Es ist eine sogenannte Hubbrücke, sie wird im Volksmund nur De Hef (Hub) genannt, da das Mittelstück beweglich ist und nach oben gehoben werden kann, um Schiffe durchzulassen. Seit 1993 fahren keine Züge mehr über die charakteristische Brücke.