Neue Plagiatsvorwürfe gegen Franziska Giffey
Eigentlich dachten Franziska Giffey und Berlins SPD, dass sie die Plagiatsaffäre um ihre Doktorarbeit hinter sich gelassen haben. Doch nun droht neues Ungemach.
Das Wichtigste in Kürze
- Fünf Wochen vor der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus sind neue Plagiatsvorwürfe gegen die SPD- Spitzenkandidatin und -Landesvorsitzende Franziska Giffey bekanntgeworden.
Nach langen Debatten um ihre Dissertation, die vor zwei Monaten mit dem Entzug des Doktortitels der früheren Bundesfamilienministerin endeten, geht es diesmal um ihre Masterarbeit. Diese hatte Giffey 2005 zum Abschluss ihres Studiums an der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege Berlin (FHVR) geschrieben.
Anatol Stefanowitsch, Professor für Sprachwissenschaften an der Freien Universität Berlin (FU), untersucht diese seit geraumer Zeit. Giffey habe auf 26 Seiten 62 Mal nicht korrekt zitiert und damit gegen wissenschaftliche Standards verstossen, kritisierte er in einem Zwischenbericht, der der Deutschen Presse-Agentur am Freitag vorlag. Zuerst hatte das Portal «t-online» darüber berichtet.
Plagiate auf einem Drittel der Seiten
Die Überprüfung sei noch nicht abgeschlossen, sagte Stefanowitsch. Bisher seien auf etwa einem Drittel der Seiten Plagiate entdeckt worden. Unter anderem habe Giffey bei der Wiedergabe von Zitaten regelmässig keine Anführungszeichen gesetzt. An 15 Stellen sei die Quellenangabe ausserdem nicht korrekt gewesen. Er sprach von grossflächigen Verstössen gegen Zitierregeln. «Es gibt Seiten, da ist ein Absatz nach dem anderen einfach irgendwo rauskopiert.»
Die Rechtsanwaltskanzlei Unverzagt, die Giffey vertritt, verwies auf dpa-Anfrage auf eine bei «t-online» veröffentlichte Erklärung. Ihre Mandantin habe die Masterarbeit «nach bestem Wissen und Gewissen gefertigt», so die Kanzlei. «Soweit sie hierbei unter Zugrundelegung wissenschaftlicher Standards wörtliche Übernahmen nicht hinreichend als solche kenntlich gemacht hat, geschah dies ohne Absicht und insbesondere nicht zu dem Zweck, wissenschaftliche Erkenntnisse der jeweils Zitierten als eigene auszugeben.»
Rechtliche Folgen hat der Vorgang für die 43-jährige Giffey wohl nicht. Die Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) als Nachfolgerin der FHVR teilte mit, dass sie die Masterarbeit nicht prüfe. Dafür gelte eine Frist von fünf Jahren, die inzwischen abgelaufen sei.
Affäre zieht sich über Jahre
Die Affäre um Plagiate in Giffeys Doktorarbeit hatte sich über Jahre hingezogen. Mitte Juni teilte die Freie Universität nach wiederholter Prüfung mit, dass sie den Doktortitel entzieht. Giffey habe ihren Doktorgrad durch «Täuschung über die Eigenständigkeit ihrer wissenschaftlichen Leistung» erworben. Bereits im Mai war Giffey in Erwartung dieser Entscheidung als Bundesfamilienministerin zurückgetreten. Gleichzeitig hatte sie deutlich gemacht, dass sie ihre Ambitionen in der Landespolitik nicht aufgeben will.
Von der Landes-SPD bekam sie nun erneut Rückendeckung. Giffeys Co-Landesvorsitzender Raed Saleh erklärte, der Zeitpunkt der neuen Vorwürfe in der Hochphase des Wahlkampfs sei kein Zufall. Die SPD konzentriere sich aber auf die Themen, die für Berlin von Bedeutung seien. Die AfD hingegen geisselte Giffey als «Wiederholungstäterin», die charakterlich ungeeignet für das Amt der Regierungschefin sei.
Welche Auswirkungen die neuen Vorwürfe auf ihren Wahlkampf haben, ist offen. Zuletzt hatte sich die Berliner SPD, die derzeit gemeinsam mit Linken und Grünen regiert und mit Michael Müller den Regierenden Bürgermeister stellt, in Umfragen bei 17 bis 21 Prozent eingependelt. Sie muss damit ernsthaft darum bangen, in der neuen Legislatur wieder stärkste Kraft zu werden und damit den Posten im Rathaus zu verteidigen. Stärkster Gegner sind die Grünen mit Spitzenkandidatin Bettina Jarasch, sie seit längerem in den meisten Umfragen vorne liegen. Aber auch die CDU mit dem Landesvorsitzenden Kai Wegner als Frontmann rechnet sich noch Chancen auf den Wahlsieg aus.