Nur noch Kraken! Fischer kämpfen mit Überfluss in Frankreich
Kraken, Kraken, Kraken. Seit Monaten fangen französische Fischer kaum noch etwas anderes. Zuerst freuten sie sich noch, doch jetzt macht sich die Skepsis breit.
Das Wichtigste in Kürze
- In Frankreich fangen Fischer seit einigen Monaten fast nur noch Oktopusse.
- Woher die vielen Tiere plötzlich kommen, ist noch nicht klar.
- Letztes Jahr waren es noch 150 Tonnen, aktuell sind es schon 2000 Tonnen Kraken.
Vor den Küsten der französischen Bretagne spielen sich seltsame Szenen ab. Seit Juni fangen Fischer kaum etwas anderes als Kraken. Wie der «Tagesanzeiger» berichtet, handelt es sich um ein Phänomen, das sich keiner so richtig erklären kann.
«Statt Seespinnen, Taschenkrebsen oder Hummern fangen wir seit Juni nur noch Oktopusse.» Das sagt Olivier Le Gurun, ein Fischer im Hafen von Quiberon. Letztes Jahr wurden noch 150 Tonnen Kraken gefangen. Dieses Jahr sind es bereits 2000 Tonnen.
Vor allem die Häfen auf dem Küstenabschnitt zwischen Guilvinec und Quiberon sind betroffen. Da werden teilweise fünfzehnmal so viel Kopffüsser gefischt wie im Jahr zuvor.
Auch Meeresbiologen können sich das Naturschauspiel nicht begründen. Laure Bonnard-Ponticelli sagte gegenüber dem «Tagesanzeiger»: «Zum jetzigen Zeitpunkt kann man noch nicht von einer eindeutigen Folge des Klimawandels sprechen.» Es würden zu viele unterschiedliche Faktoren zusammenkommen.
«Geschenk des Himmels»
Zu Beginn freuten sich die Fischer noch über die reiche Beute. Doch jetzt finden sie es langsam unheimlich. «Die Kraken klettern in unsere Korbreusen und fressen unsere eigentliche Beute auf. Manche sind sogar pfiffig genug, noch rechtzeitig auszubüxen, bevor wir sie an Bord hieven können.»
Die Kraken verkauften sich gut und wurden noch als «Geschenk des Himmels» gepriesen. Doch die Tiere haben eine Vorliebe für die teuersten Delikatessen. Sie fressen den Fischern vor allem Jakobsmuscheln, Langusten und Hummer weg. Diese werden in Frankreich eigentlich an Weihnachten gegessen.
«In diesem Jahr konnten wir nur halb so viele Jakobsmuscheln fangen wie im letzten», so Le Gurun. «Wenn es so weitergeht, haben wir an Weihnachten und vor allem im kommenden Jahr ein Problem.»
Kraken nicht weniger wertvoll als andere Tiere
Meeresbiologen finden es aber nicht richtig, jetzt in Panik zu verfallen. Wenn ein grösseres Raubtier in ein Ökosystem zurückkehrt, sei das ein positives Signal. Oktopusse seien essenzielle Glieder im marinen Leben, meint Bonnard-Ponticelli. «Nur weil sie bei den französischen Konsumenten weniger Geld bringen als Hummer, sind sie nicht weniger wertvoll für das Ökosystem.»