Online-Handel will 2021 die 100-Milliarden-Grenze knacken
Die Corona-Krise hat den Online-Einkauf alltäglich gemacht. Auch Senioren kaufen jetzt ganz selbstverständlich im Internet ein. Und das immer öfter. Können davon auch stationäre Händler mit ihren Online-Shops profitieren?
Das Wichtigste in Kürze
- 2020 war für den Online-Handel in Deutschland ein ganz besonderes Jahr - nicht nur weil die Umsätze dank der Corona-Krise massiv stiegen.
Die Silver Surfer machten sich breit im Internet. Und der Online-Einkauf wurde für viele - auch ältere - Verbraucher immer alltäglicher.
«Wir sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen», beschrieb der Präsident des Bundesverbandes E-Commerce und Versandhandel Deutschland (bevh), Gero Furchheim, die Entwicklung.
«Was früher der Konsumtempel Kaufhaus war, das ist jetzt das Internet», betonte Furchheim. Die Corona-Pandemie habe die Entwicklung hin zum E-Commerce so sehr beschleunigt, dass sie mittlerweile «unumkehrbar» sei, sagte er und stützte sich auf eine Verbraucherstudie des Verbandes, für die im vergangenen Jahr 40.000 Personen befragt wurden.
Insgesamt stiegen die Umsätze der E-Commerce-Händler mit Waren im Corona-Jahr 2020 um 14,6 Prozent auf 83,3 Milliarden Euro, wie der bevh berichtete. Mehr als jeder achte Euro, den die Haushalte in Deutschland für Waren ausgaben, sei damit in den Kassen der Online-Händler gelandet, betonte Furchheim. Lässt man den noch immer ganz überwiegend vom stationären Handel geprägten Lebensmittelbereich aussen vor, so haben sich die Online-Händler mittlerweile sogar fast ein Fünftel des Marktes gesichert.
Doch es ist nicht nur das steigende Umsatzvolumen, dass die Online-Händler so selbstbewusst macht, sondern auch die Veränderung in ihrem Kundenstamm und in der Einkaufsfrequenz in der Pandemie. Waren die Kunden im Online-Handel lange Zeit überdurchschnittlich jung, so haben in der Corona-Krise auch die Älteren das Online-Shopping für sich entdeckt. Mittlerweile stammen laut bevh mehr als 55 Prozent der Online-Umsätze von den über 50-Jährigen. Noch vor einem Jahr waren es lediglich rund 40 Prozent.
Und der Online-Einkauf wird im wahrsten Sinne des Wortes immer alltäglicher. Die Bestellfrequenz steigt. Rund 40 Prozent der Verbraucher kaufen der bevh-Verbraucherstudie zufolge inzwischen wöchentlich im Internet ein. Besonders dynamisch entwickelte sich die Nachfrage 2020 bei Waren des täglichen Bedarfs wie Lebensmitteln oder Drogeriewaren, aber auch bei Medikamenten.
Besonders erfolgreich bei den Kunden waren dabei Online-Marktplätze wie Amazon, Ebay und Co. Sie steigerten ihre Umsätze noch stärker als der Onlinehandel insgesamt - nämlich um über 20 Prozent - und sicherten sich damit 2020 fast die Hälfte des gesamten Online-Geschäfts. Neben dem unangefochtenen Platzhirschen Amazon springen deshalb auch immer mehr andere Händler von der Parfümeriekette Douglas bis zur Supermarktkette Real auf den Zug auf und öffnen ihre Online-Shops auch für Drittanbieter.
Der bevh konnte am Dienstag nicht einmal angeben, wie viele Online-Marktplätze es aktuell in Deutschland gibt. Die Entwicklung sei zu dynamisch. «Das Geschäftsmodell der Plattform ist extrem überzeugend. Es wird langfristig weiter wachsen», glaubt Furchheim.
Keinen besonderen Corona-Bonus gab es dagegen im Pandemie-Jahr 2020 für die Online-Shops der vom Lockdown hart getroffenen stationären Händler. Im Gegenteil: Ihr Wachstum fiel mit 4,9 Prozent vergleichsweise mager aus. «Dem stationären Handel fällt es nach wie vor nicht leicht, mit einem eigenen Online-Shop Relevanz zu erreichen», sagte Furchheim. Umso wichtiger sei für viele Händler ihre Präsenz auf den Marktplätzen.
Einen Rückschlag für den Online-Handel nach dem Ende der Corona-Pandemie befürchtet der bevh nicht. Der Online-Handel werde einen Grossteil der coronabedingten zusätzlichen Nachfrage halten können, ist Furchheim überzeugt. Schliesslich seien 95 Prozent der Verbraucher mit ihrem Online-Einkauf zufrieden. Und drei von vier Kunden wollten der bevh-Umfrage zufolge in Zukunft genauso viel oder mehr online einkaufen. Die Umsätze im Online-Handel mit Waren und Dienstleistungen könnten deshalb in diesem Jahr erstmals die Grenze von 100 Milliarden Euro überspringen, prognostiziert der Verband.