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Vatikan schafft päpstliches Geheimnis bei sexuellem Missbrauch ab

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Vatikanstadt,

In der katholischen Kirche soll sexueller Missbrauch künftig offener aufgearbeitet werden: Durch eine Verfügung hat Papst Franziskus mit sofortiger Wirkung die Möglichkeit abgeschafft, sich bei Fällen von sexuellem Missbrauch auf Geheimhaltung zu berufen.

Papst Franziskus
Papst Franziskus - POOL/AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Kirchenvertreter begrüssen Schritt zu mehr Transparenz.

Der Vatikan teilte am Dienstag mit, das sogenannte päpstliche Geheimnis habe bei sexuellem Missbrauch von Minderjährigen keine Gültigkeit mehr. Kirchenvertreter begrüssten den Erlass als wegweisende Entscheidung.

Das «päpstliche Geheimnis» soll im Vatikan grundsätzlich die Vertraulichkeit sensibler Informationen garantieren. Die neue Verfügung ermöglicht es der Kirche nun auch, in Missbrauchsfällen mit Justizbehörden ausserhalb des Vatikan zusammenzuarbeiten.

Direkt genannt wird sexueller Missbrauch in der Verfügung zwar nicht. Die Anordnung verweist aber auf zwei Artikel im vatikanischen Recht, in denen es um den Umgang mit sexuellen Missbrauchsfällen geht.

Der am 83. Geburtstag von Franziskus veröffentlichten Verfügung zufolge ist das päpstliche Geheimnis im katholischen Kirchenrecht ab sofort nicht mehr auf «Missbrauchsvorwürfe, -prozesse und -urteile» anwendbar. Zudem dürfen mutmassliche Opfer von sexuellem Missbrauch gemäss der päpstlichen Anordnung nicht zum Schweigen verpflichtet werden.

Eine Verschärfung sieht die Verfügung überdies bei der Bewertung von Kinderpornographie vor: Der Besitz und die Verbreitung von Kinderpornographie gilt nun im Kirchenrecht als schwerer Straftatbestand, wenn die darin dargestellten Kinder und Jugendlichen jünger als 18 Jahre sind. Bisher lag das Höchstalter der Opfer bei 14 Jahren.

Kirchenvertreter begrüssten die erhebliche Lockerung des Geheimhaltungsgebots im Vatikan. Der Kommunikationsdirektor der katholischen Kirche, Andrea Tornielli, bezeichnete Franziskus' Verfügung als «historisch».

Auch der Erzbischof von Malta, Charles Scicluna, nannte den Schritt eine «epochale Entscheidung», die «Hindernisse» bei der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen beseitige. Mit der Verfügung werde «Transparenz auf höchster Ebene» im Vatikan geschaffen, sagte Scicluna im Interview mit Vatican News.

Die Verfügung verpflichtet den Vatikan aber auch weiterhin zu einem Mindestmass an Diskretion beim Umgang mit Missbrauchsfällen. Informationen zu sexuellem Missbrauch müssten so behandelt werden, dass der «Name, die Reputation und die Privatsphäre aller beteiligten Personen geschützt» blieben, heisst es in den von Franziskus verfassten Paragrafen.

Zugleich dürfe diese Diskretion nicht die für Missbrauchsfälle geltende Meldepflicht für Kirchenmitarbeiter sowie die Weiterleitung der Fälle an Justizbehörden ausserhalb des Vatikan behindern, heisst es weiter.

Der Kurienbischof Juan Ignacio Arrieta erklärte, mit der Verfügung werde das «Vertraulichkeitsniveau» beim Umgang mit Berichten über sexuellen Missbrauch von Minderjährigen durch Geistliche «präzisiert».

Der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Stephan Ackermann, begrüsste den Schritt. «Die Instruktion ist der richtige Schritt in einem langen Prozess der Kirche, der von vielen Seiten als notwendig angesehen wurde», erklärte er.

In Europa und den USA wurden seit der Jahrtausendwende massenhaft Fälle des Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen durch katholische Geistliche bekannt. Papst Franziskus hat den Kampf gegen den sexuellen Missbrauch innerhalb der Kirche zu einer Priorität seines Pontifikats erklärt.

Im Februar trafen sich auf Einladung des Kirchenoberhaupts hin Bischöfe aus aller Welt zu einem Krisengipfel im Vatikan. Wenige Monate später erliess Franziskus einen als historisch bewerteten Erlass, in dem Mitarbeiter der katholischen Kirche dazu verpflichtet wurden, ihren Vorgesetzten Fälle von sexuellem Missbrauch zu melden.

In Deutschland hatte im vergangenen Herbst eine Studie im Auftrag der Bischofskonferenz das Ausmass des sexuellen Missbrauchs durch Geistliche offenbart. Die Experten fanden Hinweise auf 1670 verdächtige Kleriker und 3677 potenzielle Opfer zwischen 1946 und 2014.

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