Parteitag in Essen (D): AfD-Vorstand will weitermachen
Am kommenden Wochenende hält die AfD ihren Bundesparteitag in Essen (D) ab. Beide Vorsitzende stellen sich zur Wiederwahl.
Begleitet von grossen Gegendemonstrationen kommt die deutsche AfD am Wochenende zu einem Bundesparteitag zusammen. Im Mittelpunkt steht die Neuwahl der Parteiführung der Rechtspopulisten.
Die beiden Co-Vorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla stellen sich in der Essener Grugahalle erneut zur Wahl. Chrupalla bekräftigte am Dienstag, dass er gemeinsam mit Weidel wieder antreten wolle.
Laut Medienberichten regt sich in der Partei aber Unmut gegen Chrupalla. Das Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» schrieb, er könne seinen Posten verlieren.
Unter Möglichkeiten geblieben?
Bei der Europawahl am 9. Juni war die 2013 gegründete Partei mit 15,9 Prozent der Stimmen zweitstärkste Kraft in Deutschland geworden, im Osten wurde sie mit rund 27 Prozent gar stärkste Partei. Das deutschlandweite Ergebnis bedeutet ein Plus von mehr als fünf Punkten im Vergleich zur Bundestagswahl 2021.
Allerdings hatte die AfD um die Jahreswende in Umfragen noch deutlich über 20 Prozent notiert. Viele in der Partei glauben, dass diese bei der Wahl am 9. Juni unter ihren Möglichkeiten geblieben sei – und machen laut «Spiegel» Chrupalla dafür mitverantwortlich.
EU-Rechte schliessen AfD aus
Der Europawahlkampf der deutschen Rechtspopulisten war chaotisch verlaufen. Spitzenkandidat Maximilian Krah erhielt von der Partei nach umstrittenen Äusserungen zur nationalsozialistischen SS Auftrittsverbot, die rechte ID-Fraktion im EU-Parlament schloss die AfD kurz vor der Wahl aus.
Viele Delegierte des bevorstehenden Parteitags kritisierten, Chrupalla habe seinem sächsischen Landsmann Krah überhaupt erst zu dem Spitzenposten verholfen, indem er ihn bei der Europawahlversammlung unterstützte, schrieb der «Spiegel».
«Auf dem Bundesparteitag der AfD am Wochenende bahnt sich womöglich ein kleines Erdbeben an», schrieb das Nachrichtenportal «The Pioneer» am Dienstag. Die meisten innerhalb der Partei gingen davon aus, dass Alice Weidel früher oder später alleinige Parteichefin und dann bei der Bundestagswahl 2025 auch als Kanzlerkandidatin antreten werde.
Chrupalla gibt sich gelassen
Chrupalla sagte, er sehe der Debatte auf dem Parteitag gelassen entgegen, wo sich die Delegierten theoretisch auch dafür entscheiden können, die AfD künftig von einer Einzelspitze führen zu lassen. Die Wahrscheinlichkeit dafür wird dem Vernehmen nach aktuell aber als eher gering eingeschätzt.
Weidel hatte am Tag nach der Europawahl den Anspruch der Partei unterstrichen, in Deutschland zu regieren. «Wenn Sie sich die Ergebnisse in Sachsen anschauen, dann wissen Sie, wer den nächsten Ministerpräsidenten stellt», sagte Weidel.
In Sachsen und in Thüringen finden am 1. September Landtagswahlen statt, in Brandenburg drei Wochen später. In all den drei ostdeutschen Bundesländern liegt die AfD in Umfragen vorn.
Zehntausende Demonstranten in Essen erwartet
Das Bundesamt für Verfassungsschutz (Inlandsgeheimdienst) stuft die AfD als rechtsextremen Verdachtsfall ein, das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht wies im Mai im Berufungsverfahren eine Klage der AfD dagegen zurück. Mehrere ostdeutsche Landesverbände werden von den dortigen Landesämtern als gesichert extremistisch eingestuft.
Zum Parteitag am Wochenende sind mehr als ein Dutzend Gegendemonstrationen angekündigt. Die Polizei in Essen rechnet mit mehreren Zehntausend Teilnehmern und bereitet sich auf einen Grosseinsatz vor.
CDU-Abgeordneter plant Verbotsantrag
Derweil beabsichtigt der ostdeutsche CDU-Abgeordnete Marco Wanderwitz, im Bundestag einen AfD-Verbotsantrag einzubringen. Die dafür nötige Zahl von 37 Abgeordneten habe er zusammen, sagte der frühere Ostbeauftragte der Bundesregierung der Zeitung «taz».
Der demokratische Rechtsstaat dürfe eine Partei, die rund um die Uhr Hass und Hetze verbreite und diesen Rechtsstaat abschaffen wolle, nicht einfach gewähren lassen, bis es zu spät sei, argumentierte Wanderwitz.
Das Parlament könnte einen Verbotsantrag stellen. Entscheiden müsste dann das Bundesverfassungsgericht. Parteien können in Deutschland ausschliesslich von diesem Gericht verboten werden. Kritiker warnen, dass ein Verfahren sehr langwierig und der Ausgang offen wäre. Zudem gibt es Bedenken, eine Partei mit hoher Wählerzustimmung zu verbieten.