Plymouth gedenkt Opfern von Bluttat – Kritik an der Polizei
Nach dem Tod von fünf Menschen durch einen Schützen in Plymouth wird Kritik an der Polizei laut. Hätte eine Überprüfung des Täters die Bluttat verhindert?
Das Wichtigste in Kürze
- Am Donnerstag tötete Jake D. im englischen Plymouth fünf Personen und sich selbst.
- Neben Trauer und Fassungslosigkeit wächst aber auch die Kritik an der Polizei.
- Der Täter hat erst vor kurzem seinen Waffenschein und eine Waffe zurückerhalten.
Die englische Stadt Plymouth ist auch Tage nach der Bluttat mit sechs Toten im Schock. Heute Sonntag gedachten Menschen in zahlreichen Kirchen in der Grafschaft Devon der Getöteten mit Gebeten. Viele Menschen legten Blumen und Stofftiere nahe der Tatorte nieder.
Zu den fünf Opfern der Bluttat am Donnerstag gehörten die Mutter des Täters, ein dreijähriges Mädchen und ihr 43 Jahre alter Vater. Auch ein 59 Jahre alter Mann und eine 66-jährige Frau wurden getötet. Zwei Menschen wurden zudem durch Schusswunden verletzt. Der 22 Jahre alte Täter Jake D. tötete sich schliesslich selbst.
Waffe und Waffenschein zurückerhalten
Neben Trauer und Fassungslosigkeit wächst aber auch die Kritik an der Polizei. Die hatte dem Täter nur wenige Wochen vor der Tat eine Waffe und einen Waffenschein zurückgegeben, die zuvor wegen einer mutmasslichen Körperverletzung entzogen worden waren.
Die unabhängige Behörde zur Polizeiaufsicht kündigte an, den Vorgang zu prüfen. Auch Premierminister Boris Johnson forderte, es müsse «ordentlich untersucht» werden, wie der Täter legal an eine Waffe kommen konnte.
Jake D. bekannte sich zur «Incel»-Szene
Der Vorfall löste auch eine Debatte darüber aus, ob die Auftritte von Waffenscheinhaltern in sozialen Medien von der Polizei routinemässig überprüft werden sollten. Jake D. hatte sich im Internet zu der frauenverachtenden «Incel»-Szene bekannt.
Die Abkürzung stammt vom englischen Begriff «involuntary celibate» und bezeichnet vorwiegend Männer, die unfreiwillig enthaltsam leben und Hass auf Frauen sowie auf sexuell aktive Männer entwickeln.
Der ehemalige Chef der Londoner Metropolitan Police, John Stevens, forderte eine gründliche Durchleuchtung der Internet-Aktivitäten von Antragstellern auf Waffenscheine. «Waffen fallen gefährlichen Menschen nicht einfach in den Schoss», sagte er der Zeitung «Sunday Telegraph». Der Chef der Polizei in Devon and Cornwall, Shaun Sawyer, hatte zuvor bestätigt, dass eine solche Überprüfung aus Datenschutzgründen nicht stattgefunden hatte.
Der Angreifer hätte schon im Vorfeld von den Sicherheitsbehörden beobachtet werden sollen, kritisierte der ehemalige Chefankläger für Nordwestengland, Nazir Afzal. «Er war genau die Art von Mensch, auf die Behörden ein Auge haben sollten», sagte Afzal im BBC-Fernsehen am Samstag.
Gesetzesverschärfung möglich
Oppositionschef Keir Starmer von der Labour-Partei brachte eine mögliche Verschärfung der ohnehin bereits restriktiven Waffengesetze ins Spiel. «Ich denke, es gibt weitere Fragen hier, die eine Überprüfung der Gesetze zur Lizenzierung von Waffen beinhalten könnten», so Starmer am Samstag zu Journalisten.
Der innenpolitische Sprecher der Liberaldemokraten im britischen Oberhaus, Brian Paddick, warf unterdessen Innenministerin Priti Patel vor, Empfehlungen zur Reform der Eignungsprüfung von Antragstellern auf die lange Bank geschoben zu haben.
Demnach wurde schon vor Jahren die routinemässige Konsultation von Hausärzten hinsichtlich psychischer Auffälligkeiten von Antragstellern gefordert. Aus der konservativen Regierungspartei hiess es hingegen, die Opposition wolle nun politisch Kapital aus dem Vorfall schlagen.